Herausforderungen der Zivilgesellschaft

Der Artikel »Five things we’ve learned about the future of digital rights« präsentiert fünf zentrale Thesen, die sich in einer Diskussion von führenden Experten des »Stockholmer Internet Forums« herauskristallisiert hatten. In der Gesprächsrunde ging es darum, wie sich die Zivilgesellschaft den Herausforderungen stellen kann, welche neue Technologien mit sich bringen. Dabei waren Themen wie Cybersicherheit, Kontrolle personenbezogener Daten oder algorithmische Transparenz im Vordergrund.1

Als erste These wird aufgeführt, dass Regierungen das Internet bedrohen, sobald es vom Internet bedroht wird. Gbénga Sèsan klärt auf, dass in Ländern teilweise das komplette Internet durch die Regierung abgeschaltet wird, um unrechtmäßig Kontrolle auszuüben. Häufig werden Hassreden oder Fehlinformationen als Ausrede vorgeschoben.2 Die Kontrolle einzelner, vor allem durch die Regierung oder Unternehmen, widerspricht dabei grundsätzlich der Vision des Erfinders des Internets.

Lisa Garcia führt die zweite These an, welche sich damit auseinandersetzt, dass sich Regierungen gezielt in Online-Diskussionen einklinken und versuchen sie zu steuern. Während des Wahlkampfs auf den Philippinen gab es sogar eine »Armee von Tastaturkriegern«, welche offiziell viele Botschaften verbreitet und Kritiker und Journalisten belästigt hat. Sie hält daher Medienkompetenz, vor allem für Leute, die zum ersten Mal online sind, für extrem wichtig.3

Die dritte These betrifft vor allen Dingen das Internet der Dinge. Wenn alles mit allem verbunden ist, werden komplexe ethische Fragen aufgeworfen. So muss es Lösungen geben, wer Zugang zu den Daten hat, wofür sie verwendet werden und wie sich die Entscheidung auf das Leben auswirkt.
Solana Larsen stimmt bedenklich, da zu große Komplexität lähmen kann. Daher ist es extrem wichtig, dass Experten die Menschen aufklären, damit sie zum einen das digitale Leben verstehen und zum anderen die Kontrolle übernehmen können.4

Malaviya Jayaram warnt davor, dass Länder mit niedrigen Einkommen zu Testgebieten werden. Westliche Praktiken werden dabei ohne die nötigen Schutzmechanismen übernommen. So war beispielsweise in Indien das Problem, dass Fingerabdrücke von landwirtschaftlichen Arbeiten aufgrund der Abnutzung der Finger nicht gelesen werden konnte und damit der Zugang zu wichtigen Dienstleistungen verhindert wurde.5

Die letzte These bringt Renato Rocha Souza hervor. Er setzt sich dafür ein, dass Algorithmen transparent sein müssen. Menschliche Entscheidungen, ob beispielsweise ein Darlehen vergeben wird oder wer zu Universität zugelassen wird, werden zunehmend von Algorithmen übernommen und dadurch massiv von den Vorurteilen der Entwickler sowie den nötigen Daten bestimmt. Das Problem ist dabei, dass man als Konsument kein Wissen darüber besitzt, was in den Berechnungen vorgeht. Damit könnte man die Technologie ablehnen oder ihr blind vertrauen.6

Die Thesen eröffnen mir den Weg für neue Gedanken. Es ist absurd, dass viele Länder noch immer keinen Zugang zum Web besitzen, während es für uns schon lange die größte Selbstverständlichkeit ist. Da ich davon überzeugt bin, dass unsere Entwicklung dadurch um ein vielfaches rascher vorangeht, klaffen die Welten dadurch noch weiter auseinander. Eine weitere Schwierigkeit sehe ich, ähnlich wie Garcia, in der fehlenden Medienkompetenz. Selbst der westlichen Welt fehlt hier sicher noch einiges an Kompetenz, doch konnte sie sich immerhin – parallel zur Erfindung des Webs – langsam an das neue Medium gewöhnen. Und trotz der anfänglichen Euphorie war die neue Welt im Web glücklicherweise überschaubarer und mit weniger Gefahren ausgestattet. Jemand, der nun zum ersten Mal online ist, wird sicher seine Probleme haben und zunächst sehr unkritisch mit dem Medium umgehen. Die Arbeit der World Wide Web Foundation beeindruckt mich daher sehr und ich hoffe, dass sie einiges damit bewegen kann.

Quellen
  1. Vgl. Garcia, Lisa; Jayaram, Malavika; Larsen, Solana; Sèsan, Gbénga; Rocha Souza, Renato, World Wide Web Foundation: »Five things we’ve learned about the future of digital rights«, URL: https://webfoundation.org/2017/05/5-things-weve-learned-about-the-future-of-digital-rights/, abgerufen am 14.6.2017.
  2. Vgl. Ebd., Absatz 3.
  3. Vgl. Ebd., Absatz 4.
  4. Vgl. Ebd., Absatz 5.
  5. Vgl. Ebd., Absatz 6.
  6. Vgl. Ebd., Absatz 7.