Zur Recherche über die Entwicklung des World Wide Webs dient mir »Weaving the Web – The Original Design and Ultimate Destiny of the World Wide Web« von Tim Berners-Lee – dem Begründer höchstpersönlich. Der Name Tim Berners-Lee ist fest mit dem World Wide Web verwoben, doch wie viel Anteil er tatsächlich an der Entwicklung dieses Mediums besitzt, wird mir erst jetzt bewusst. Er ist nicht der gewürdigte Mann, der am Ende einer langen Kette von Prozessen steht. Er ist der Mann, der mit einer großartigen und weltveränderten Vision am Anfang, in der Mitte und am Ende dieser Kette Platz nimmt.
In seinem Idealbild eines universellen, »einzigen, globalen Informationsraums«1 ist alles potenziell mit allem verbunden.2 Er liebte die Vorstellung davon, dass »ein Stück Information wirklich nur dadurch definiert wird, womit und wie es verbunden ist«3. Aus seiner Sicht können dadurch völlig neue Relationen entstehen und Dinge zusammenkommen, die zuvor keine sichtbare Gemeinsamkeit hatten.4 Laut des Vorworts von Michael Dertouzos, dachte Tim Berners-Lee das Web als Medium, das in diesem gigantischen Informationsnetz menschliches Wissen und menschlichen Verstand kodifizieren würde.5
Generell begeistert ihn daran nicht nur die Idee, dass unzählige Informationen für jeden zugänglich sind, sondern auch, dass jeder daran teilhaben und sich selbst einbringen kann. Diese Begeisterung teilt er mit Ted Nelson, der schon zuvor von einer utopischen Gesellschaft geträumt hatte, in der alle Informationen von Leuten geteilt werden können, die sich auf Augenhöhe begegnen.6 Das Internet, das es längst vor dem World Wide Web gab, lässt zwar den Austausch von Daten zu. Für einen Laien sind die Hürden jedoch zu groß, um sich wirklich daran beteiligen zu können.7 Daher ist es für Berners-Lee eine Grundvorraussetzung, dass das Erstellen von Inhalten und Verlinkungen nicht nur machbar, sondern so einfach wie möglich ist. Zusätzlich setzt er voraus, dass das System komplett dezentralisiert aufgebaut sein muss, so dass ein Nutzer mit dem nötigen Equipment sofort und ohne Zugangserlaubnis »mitmachen« kann.8 Diese Dezentralisierung des Systems bedeutet für ihn zeitgleich, dass keine hierarchischen Strukturen vorherrschen dürfen und es niemanden gibt – weder eine Person noch eine Gruppe –, der das World Wide Web unter seine Kontrolle bringt.9
Ursprünglich dachte Berners-Lee an ein Web, dass das »reale«, nicht-virtuelle Leben widerspiegelt. Eine ungeahnte Folge ist die, dass Menschen durch das Web völlig neue Aktivitäten gefunden hatten. Sie fingen an zu schreiben oder zu malen, obwohl sie das zuvor nicht getan haben. Dadurch, dass sich das Web zum primären Raum für viele Aktivitäten etabliert hat, rät er dazu vorsichtig zu sein, um weiter eine gerechte und faire Gesellschaft zu ermöglichen.10
In seinem Buch zitiert der Begründer des Webs zudem eine Rede des südafrikanischen Vizepräsidenten, da er selbst seine Mission nicht besser in Worte fassen hätte können. Thabo Mbeki ruft dazu auf, die neue Technologie dafür zu nutzen sich selbst zu ermächtigen, sich über die Wahrheit der eigenen ökonomischen, politischen und kulturellen Situation zu informieren und sich selbst eine Stimme zu geben, die die ganze Welt hören kann.11
Diese Worte beschreiben wunderbar, wie dieses neue Medium als Werkzeug eines jeden genutzt werden kann. Zudem bin ich Tim Berners-Lee nicht einfach nur dankbar für ein Medium, das unser aller Leben bestimmt. Ich bin begeistert, wie er Schritt für Schritt das World Wide Web nach seiner Vorstellung gebaut hat. Ein Visionär, dessen damaliges finales »Werk« nicht nur das Endergebnis einer langen Evolution ist, sondern von Beginn an als Vision in seinem Kopf umherschwirrte.
Quellen
- Berners-Lee, Tim; Fischetti, Mark (Hg.): »Weaving the Web – The Original Design and Ultimate Destiny of the World Wide Web«, New York 2000, S. 4.
- Vgl. Ebd., S. 1.
- Ebd., S. 13.
- Vgl. Ebd., S. 37.
- Vgl. Ebd., S. VIII.
- Vgl. Ebd., S. 5.
- Vgl. Ebd., S. 18.
- Vgl. Ebd., S. 16.
- Vgl. Ebd., S. 80.
- Vgl. Ebd., S. 165.
- Vgl. Ebd., S. 102.