In the beginning everything was dead.

Beim Besuch in der Ausstellung »GLOBALE: Exo-Evolution« im ZKM Karlsruhe fiel mir Camille Henrots Projekt »Grosse Fatigue» nicht nur besonders auf, sondern ich fand es sowohl beeindruckend als auch fesselnd. Zum einen weil sie sich die kleine Aufgabe gesetzt hat, sämtliche Schöpfungsmythen dieser Welt – von den Sioux, Navajo, Inuit bishin zum Hinduismus, Christentum, Judentum – in eine Story zu packen. Zum anderen, weil das aus meiner Sicht auch noch großartig umgesetzt ist.

Das 13-minütige Video zeigt ein Sammelsurium an Videos – jeweils eingebettet in einem einzelnen Browserfenster. Die Fenster öffnen und schließen sich, sind ständig anders angeordnet, von unterschiedlicher Größe, überlagern sich und so wird die Story Stück für Stück weiter erzählt und die Inhalte verknüpft. Die Videos zeigen – gefühlt – alles. Videos von anthropologischen Fundstücken, Büchern, Zeichnungen, Wikipedia-Einträgen bishin zu Tieren, Fossilien und unzähligen anderen Objekten und Vorgängen. Durch die Vielfalt an einzelnen Broswerfenstern, hält die Künstlerin das Projekt auch für kein Video, das man z. B. in klein am Laptop schauen kann. So zumindest in ihrem Interview auf Vimeo. Die Bildwelt wird zudem durch ein gesprochenes Gedicht verknüpft und erklärt. Die Art der Sprechweise und des Sounds orientiert sich am Spoken Word, wo auch der Ursprung des Hip Hops liegt. Der Beat und das Gesprochene erinnern auch sehr stark an Hip Hop, die unterschiedlichen Rhythmen des gesprochenen Textes erinnern an Poetry Slam, der auch verwandt ist. Diese Kombination zieht in den Bann und man möchte es nochmal und nochmal sehen.
Um einen Eindruck zu bekommen, sollte man sich das Ganze definitiv anschauen. Bestenfalls in einem Museum mit dunklem Raum, Leinwand und gutem Sound. Am Laptop wirkt es leider lang nicht so großartig, aber gibt zumindest einen ersten Eindruck. Leider konnte ich im Netz keine vollständige Version finden, unter folgenden Links gibt es jedoch Ausschnitte zu sehen:


Camille Henrots »Grosse Fatigue«I auf Vimeo »

Camille Henrot Grosse Fatigue (Ausschnitt) WKV Münster auf YouTube

Soundausschnitt auf audioboom

Neben den Hintergründen und der Erzählung selbst, finde ich die Erzählweise von »Grosse Fatigue« großartig. Es dient mir als hervorragendes Beispiel, Material aus sämtlichen Richtungen, das scheinbar nicht zusammen passt, zu verbinden. Das Poem selbst, ist eine Collage sämtlicher Sätze aus Schöpfungsgeschichten, die offensichtlich erst keine zusammenhängende Logik haben. Dennoch bildet die Collage eine einheitlich wirkende Erzählung und besitzt eine Struktur, so dass die Erzählung eine enorme Eigendynamik entwickelt.

Abschließend ein kleiner textlicher Auszug, der das noch deutlicher zeigen kann. Das Gedicht hat Camille Henrot zusammen mit Jacob Bromberg, einem amerikanischen Dichter, entwickelt:
In the beginning there was no earth, no water – nothing. There was a single hill called Nunne Chaha.
In the beginning everything was dead.
In the beginning there was nothing; nothing at all. No light, no life, no movement, no breath.
In the beginning there was an immense unit of energy.
In the beginning there was nothing but shadow and only darkness and water and the great god Bumba.1

Quellen
  1. Vgl. Henrot, Camille: »Grosse Fatigue«, Kurzfilm, 13 Minuten, Frankreich 2013, TC: Nicht exakt nachvollziehbar, jedoch ist das der Beginn des Gedichts.
Abbildungen
  1. Einbau von Vimeo, Collectif Combo: »Camille Henrot›Grosse Fatigue‹«, URL: https://vimeo.com/86174818, abgerufen am 14.1.2016.