Von Loops und der Hyper-Realität

Das Buch »Expanded Narration. Das Neue Erzählen« von Bernd Kracke und Marc Ries (Hg.) vereint Essays zur B3 Biennale des Bewegten Bildes, die sich ganz dem Geschichten erzählen im digitalen Zeitalter widmet.

Besonders spannend ist für mich dabei der Essay »Loop Narration und hyper-überlagerte Narrative« von Eva Paulitsch und Uta Weyrich.
Da ich bereits darüber nachdenke, Erzählungen mit animierten GIFs oder Cinemagraphs zu entwickeln, deren Eigenschaft u. a. die Wiederholung ist, interessiert mich vor allem ein Part des Essays, der sich mit der Erzählung durch Loops beschäftigt: »Lange #Loops nehmen den Verstand mit auf eine Reise. Ein langer Loop fördert die Generierung vieler Assoziationen, wohingegen ein kurzer Loop durch schnell abfolgende #Wiederholungen eher eine spezifische Idee kultiviert. Jedoch ist auch eine kurze Loop-Sequenz aufgrund ihrer hypnotisierenden Wiederholungen imstande, den Geist des Betrachters auf neue assoziative Handlungswege zu führen.«1
Und weiter: »Ein Loop löst die Wichtigkeit der Positionierung auf, lässt somit jedes Ereignis auf einer unsichtbaren #zirkulären Zeitleiste mehrdeutig werden.«2

Zum einen finde ich dabei die Einteilung von kurzen und langen Loops sehr interessant, da ich mich nie so spezifisch damit auseinandergesetzt habe. Bei meinen eigenen Gedanken spielte bisher eher die generelle Frage nach erzählerischer Logik und dem Gesamtzusammenhang der einzelnen Loops eine Rolle.
Zum anderen halte ich die Auflösung der Wichtigkeit der Positionierung für essentiell. Nachdem ich überzeugt bin, dass es eine Rückbesinnung auf eine natürliche Art der Erzählung gibt, habe ich mich näher mit Marshall McLuhan beschäftigt (Das globale Dorf – Raum, Zeit und Dynamik »). Er spricht davon, dass wir zunehmend in einer Welt der Gleichzeitigkeit leben und die Zeit aufgehört und der Raum verschwunden ist. Während vor allem die asiatische und orientalische Welt längst in dieser Welt lebt.
Die Vorstellung von Gleichzeitigkeit ist für mich als sequentiell denkender und visuell geprägter Mensch – wie wir es im Westen nun mal sind – unvorstellbar.
Obwohl ich den Ansatz sehr spannend finde und sehr lange über ihn nachgedacht habe, bin ich nie zu einem konkreten Punkt gekommen, der mir in meinem Masterthema weiter hilft. Es motiviert mich lediglich, eine Erzählung zu schaffen, die in ihrer Gleichzeitigkeit aufgeht.
Aus diesem Grund finde ich die Idee des Loops, der sich in seiner Zeitlichkeit auflöst besonders spannend. Das könnte meine Überlegungen bezüglich einer Erzählung mittels animierter GIFs oder Cinemagraphs weiter anreichern.
Eine erste Idee hierzu ist eine Rauminstallation mit vielen Bildschirmen, auf denen einzelne Clips abgespielt werden. Jedes Video, GIF oder Cinemagraph würde dabei einen Teil der Erzählung darstellen, die sich dem Zuschauer nach und nach erschließen würde. Dabei wäre es zu vernachlässigen, eine lineare Ordnung zu schaffen. Wichtiger wäre es, einen Mikrokosmos der Erzählung zu entwickeln, in den man gänzlich eintauchen kann.

Eva Paulitsch und Uta Weyrich erwähnen passend dazu, dass es für den Aufbau interpretierbarer Narrative essentiell ist, Kausalitäten zu vermeiden. Des Weiteren sollte der Betrachter »nur so viel an Informationen erhalten, um sich seine eigene Bedeutung zu kreieren.«3
Diese Punkte sind auch aus meiner Sicht besonders wichtig. Vor allem die Möglichkeit, dass der Betrachter selbst die Welt erschließt und in ihm das Gefühl entsteht, die Geschichte selbst entdeckt zu haben, halte ich für einen bedeutsamen Faktor heutiger Erzählungen.

Abschließend möchte ich noch ein Aussage von Parker Ito übernehmen, die im selben Essay zitiert wurde. Er erwähnt, dass wir in einer hybriden Realität leben, in der es einen fließenden Übergang zwischen dem physischen und virtuellen Raum gibt und es die Option der 90er Jahre, sich nämlich einfach auszuloggen, nicht mehr gibt. Er hält den Übergang der Welten zwar für flüssig, jedoch nicht für nahtlos.4 Diesen Gedanken halte ich deshalb für spannend, weil sich auch Luciano Floridi (Erkenntnisse und Eindrücke zu Luciano Floridis Buch »Die 4. Revolution« ») mit diesem Thema auseinandersetzt. Zwar spricht auch er davon, dass es eine Onlife-Erfahrung geben wird, in der die Unterscheidung zwischen on- und offline nichtig ist. Jedoch sieht Floridi keine zwei Welten, sondern eine einzige Infosphäre, in der es kein außen und innen mehr geben wird.

Quellen
  1. Kracke, Bernd, Ries, Marc (Hg.): »Expanded Narration. Das neue Erzählen«, Bielefeld 2013, S. 163.
  2. Ebd.
  3. Ebd., S. 164.
  4. Vgl. Ebd., S. 163.