Dynamische Anpassung des Designs auf Basis von Daten

Um mir über das Ziel meiner Master-Arbeit klar zu werden, habe ich mich im letzten Schritt noch einmal von den bisherigen Überlegungen frei gemacht. Zum einen habe ich meine bisherigen Ansätze und Themen während der kompletten Recherche-Zeit Revue passieren lassen. Zum anderen kategorisierte ich die Themen systematisch, welche mir gleichermaßen als gesellschaftlich relevant als auch für mich persönlich wichtig erschienen. Dadurch konnte ich sowohl Inhalte ausschließen, als auch neu verknüpfen.

Um mir über das Ziel meiner Master-Arbeit klar zu werden, habe ich mich im letzten Schritt noch einmal von den bisherigen Überlegungen frei gemacht. Zum einen habe ich meine bisherigen Ansätze und Themen während der kompletten Recherche-Zeit Revue passieren lassen. Zum anderen kategorisierte ich die Themen systematisch, welche mir gleichermaßen als gesellschaftlich relevant als auch für mich persönlich wichtig erschienen. Dadurch konnte ich sowohl Inhalte ausschließen, als auch neu verknüpfen. Abschließend hat mir das bei der Themenfindung massiv geholfen.

Zu meinem finalen Master-Thema führen dabei verschiedene Überlegungen und Erkenntnisse, welche ich innerhalb meines Researches erhielt und nun kategorisiert, verknüpft und mit weiteren Gedanken ergänzt habe. Zum besseren Verständnis möchte ich an dieser Stelle einen kurzen Überblick geben, den detaillierten Verlauf werde ich jedoch in meiner Master-Thesis skizzieren.

Wichtiger Ausgangspunkt ist die Tatsache, dass wir in unserer westlichen Gesellschaft von Informationen abhängig sind. Das World Wide Web – als leicht zugänglicher Teil des Internets und als universeller Informationsraum – hilft uns massiv dabei, Informationen, Daten und menschliches Wissen zu sammeln, zu indexieren und miteinander zu verknüpfen. Immer feinere Algorithmen des maschinellen Lernens helfen uns dabei, innerhalb von Daten Zusammenhänge und Muster zu erkennen.
Die Zugänglichkeit des Informationsraums ist dabei mindestens gleichermaßen essenziell; der Zugriff findet üblicherweise über eine grafische Benutzeroberfläche innerhalb des Browsers statt. Meine bisherige Recherche sowie mein erster Ansatz, nämlich die Untersuchung dieser Oberflächen und deren visuelle Evolution unter Berücksichtigung kultureller und technologischer Aspekte, liefern mir dabei entscheidende Erkenntnisse, welche mich nun unterstützen. Die analytische Auseinandersetzung mit der bisherigen visuellen Evolution, meine theoretische Recherche, sowie das Bewusstsein, dass unsere Denkweise dynamischer wird und sich unsere Interfaces verändern, geben mir weitere Impulse.

Tim Berners-Lee beschreibt das »World Wide Web als Ort, wo Mensch und Maschine in einer idealen, kraftvollen Mischung koexistieren können.«I Nichtsdestotrotz steht letztendlich der Mensch im Mittelpunkt. Daher sollte es grundsätzlich immer um das Ziel gehen, Systeme und Methoden so zu verbessern, dass ein tatsächlicher Mehrwert und Fortschritt für uns geschaffen wird. Es geht also um die Frage: Wie können wir Technologie zum Vorteil der Menschheit nutzen?

Die vorangestellten Erkenntnisse, Gedanken und Fragen führen mich zu meinem letztendlichen Master-Thema, mit dem ich das Ziel verfolge, den Zugang zum und den Umgang mit dem World Wide Web auf gestalterischer Ebene mithilfe von maschinellem Lernen weiter zu vereinfachen. Meine These ist, dieses Ziel durch eine dynamische Anpassung des Designs, basierend auf den Daten eines einzelnen Menschen, zu erreichen.

Ich stelle mir darunter eine automatisierte Adaption des Interface Designs vor, welche an bestimmte Bedingungen und Parameter geknüpft ist. Erste und naheliegende Gedanken sind dabei beispielsweise die Veränderungen von Schriftgrößen oder Farbkontrasten bei Beeinträchtigung des Sehvermögens oder das Entfallen bestimmter Schritte innerhalb eines Prozesses, wenn die Daten schon vorhanden sind.

Überlegungen, ob und wie so ein Datenpool technologisch und gesellschaftlich umgesetzt werden kann oder welche ethischen Herausforderungen sich dabei in Bezug auf z. B. Datenschutz und Privatsphäre ergeben, möchte ich dabei nicht im Detail bearbeiten, jedoch theoretisch bedenken. Mein Master-Projekt soll zudem kein flexibles Designsystem in Form eines fertigen Lösungsvorschlags darstellen oder schwerpunktmäßig Themen wie Accessibility oder Usability abdecken.

Vielmehr möchte ich mein Master-Projekt als Experiment ansehen, um gestalterische Ansätze zu finden und Anreize zu geben, dieses Ziel umzusetzen. Ich sehe meine Arbeit dabei als Startpunkt und Ideenpool für weitere Nachforschungen.

Quellen
  1. Berners-Lee, Tim; Fischetti, Mark (Hg.): »Weaving the Web – The Original Design and Ultimate Destiny of the World Wide Web«, New York 2000, S. 158.

Untersuchung der visuellen Evolution

Am Mittwoch habe ich meinen bisherigen Ansatz im Masterstudio präsentiert. Dabei war zum einen wichtig, worum es im Kern meiner Untersuchung geht, zum anderen welche Aspekte ich dabei berücksichtigen möchte.

Am Mittwoch habe ich meinen bisherigen Ansatz im Masterstudio präsentiert. Dabei war zum einen wichtig, worum es im Kern meiner Untersuchung geht, zum anderen welche Aspekte ich dabei berücksichtigen möchte.

Der Fokus soll, wie schon beschrieben, klar auf der visuellen Untersuchung liegen, jedoch bin ich überzeugt davon, dass man die visuelle Ebene nicht isoliert betrachten kann. Zudem finde ich es spannend und wichtig, welche kulturellen und technologischen Aspekte daran angeknüpft werden können.

Weiter stelle ich mögliche theoretische Inhalte vor, wie die Historie des World Wide Webs, die Auseinandersetzung mit Informationssystemen sowie die Entwicklung grafischer Benutzeroberflächen. Zudem schwebt mir vor, mein Thema medientheoretisch zu untermauern; hier muss ich jedoch überdenken, welche Theoretiker tatsächlich passend für mein Thema sind. Bisher hatte ich an Marshall McLuhan, Vilém Flusser, Byung-Chul Han, Luciano Floridi und Felix Stalder gedacht. An dieser Stelle muss ich die Unterscheidung treffen, wer seine Theorien schon mit der Kenntnis der digitalen Welt geschrieben hat und ob beispielsweise Han, welcher sich im Allgemeinen kulturkritisch äußert, überhaupt relevant ist.
Es könnten weitere Vertreter wie Ada Lovelace, Charles Babbage oder Alan Turing berücksichtigt werden, welche aber aufgrund ihrer Irrelevanz für mein Thema nur am Rande auftauchen können.

Die wichtigste und gleichzeitig offenste Frage ist, welches Ziel ich mit meiner Arbeit verfolge. Hier konnten wir aufgrund der kleinen Runde fast drei Stunden diskutieren und Möglichkeiten abwägen. Auf mögliche Ansätze und weitere Research-Möglichkeiten werde ich im Anschluss meiner Präsentation eingehen.

Die dargestellte Präsentation ist nicht vollständig, da ich zu viel redundante Informationen, wie beispielsweise die Namen der Medientheoretiker, für überflüssig halte.

Präsentation | Kern der Untersuchung

Präsentation | Kulturelle und technische Aspekte

Präsentation | Entwicklung zum eigenen Medium mit eigener Formsprache

Präsentation | Beispielhaft für theoretische Inhalte: Ted Nelson

Präsentation | Beispielhaft für theoretische Inhalte: Vannevar Bush

Präsentation | Beispielhaft für theoretische Inhalte: Doug Engelbart

Präsentation | Grafische Analyse

Präsentation | Grafische Analyse

Präsentation | No-Layout-Ära – Statisch – Fluid

Präsentation | Mögliche Stilrichtungen

Präsentation | Veränderung des Designs

Präsentation | Neue Ansprüche

Präsentation | Auflösung von Interfaces

Grenzen der Evolution

Einen Ansatz, den ich zunächst ausgeschlossen habe, ist die Überlegung, wie grafische Benutzeroberflächen der Zukunft aussehen könnten. Dabei geht es nicht zwingend darum, ein mögliches Interface bis zum Ende zu gestalten. Viel wichtiger ist es, die Ergebnisse meiner visuellen Recherche zu analysieren, beschreiben, hinterfragen und zu verbinden. Auf Basis analysierter Muster, und mit dem Verständnis wie vergangenes und gegenwärtiges funktioniert, können Schlüsse für das Kommende gezogen werden.

Zudem ist wichtig zu wissen, dass eine Evolution nicht unendlich weiter geht, sondern sich als abflachende Kurve oder sogar in Wellen verhält. Das bedeutet, dass sich Entwicklungen nicht nur verlangsamen, sondern sogar umkehren können.

Kulturelle Bedeutung des Interfaces

Auf Grundlage des Status Quo kann nicht nur interessant sein, wie zukünftige Interfaces aussehen, sondern auch wie User Interfaces die Zukunft verändern können. Weiter ist die Perspektive, wie die gesellschaftliche Wirkung von Interfaces ist, interessant. Für diese Impulse, die ich besonders spannend finde, benötige ich aber noch Zeit, um sie weiter reifen zu lassen. Generell scheint es vielversprechend, eine Brücke zu gesellschaftlichen Themen zu schlagen.

Eine wichtige Essenz des Gesprächs ist zudem die, dass sich die visuelle Analyse letztendlich auf ein völlig anderes Thema beziehen könnte. Auf technischer Seite haben wir weitere Punkte verdeutlicht.

Die Erhaltung des menschlichen Körpers

Vannevar Bush und Doug Engelbart zielen mit ihren Visionen und Entwicklungen nicht darauf ab, die Technik selbst zu verbessern. Vielmehr geht es im Kern darum, das menschliche Leben zu verbessern. Diese Feststellung ist insofern aufschlussreich, dass auch heutzutage die unausweichliche Frage im Raum steht, was wir mit der Gestaltung von Interfaces bewirken. Geht es darum, die Technik selbst zu verbessern oder spielt es tatsächlich eine Rolle, welche Erleichterung der Mensch durch das Ergebnis erfährt? In welchen Bereichen benötigt der Mensch zweifelsfrei Unterstützung? Ein Fazit aus dem Gespräch ist, dass es ein Anliegen sein sollte, den menschlichen Körper nicht verkümmern zu lassen, sondern dessen Können zu akzeptieren, miteinzubeziehen und mit technischen Möglichkeiten lediglich zu verbessern.

Weiter ist eine erkennbare Entwicklung, dass sich Mensch und Maschine immer näher kommen und zunehmend verschmelzen. Schnittstellen verschwinden zunehmend und es ist eine generelle Entwicklung zurück zum Körper zu sehen. An dieser Stelle frage ich mich jedoch, wie weit wir gehen wollen. Möchte ich beispielsweise bei meiner täglichen Arbeit wirklich wild gestikulierend vor einem Riesen-Interface stehen, um Inhalte durch die virtuelle Welt zu swipen?

Eine zusätzliche Erkenntnis ist, dass sich Technik dessen Evolution vollstreckt ist, nicht mehr rückgängig machen lässt. Hier ist nur die völlige Verbannung oder die sinnvolle Integration hilfreich. Halbverbannte Technologien, wie beispielsweise die Google Glass, leben sonst in versteckten Grauzonen weiter.

Darstellerische Möglichkeiten

Eine der Ideen, welche ich hatte, konnten weiter ausgeführt werden. Ursprünglich dachte ich an den Bau eines Raums oder Tunnels, in dem die Evolution dargestellt wird. Im Gespräch hatten wir innerhalb der Studenten unter anderem die Idee, dass man eine Zeitreise durchgehen kann. Jeder hat seine eigenen Erfahrungen mit dem Web und durch eine gute Inszenierung könnte sich der Besucher selbst gedanklich zurückerinnern und somit emotional angesprochen werden. Das kann durch die Verwendung von passenden Requisiten und Soundelementen unterstützt werden. In Bezug auf die Soundkomponente, kann man festhalten, dass das Web sowohl auditiv als auch visuell ruhiger und klarer geworden ist. Das beginnt bei der vorhandenen Technologie wie beispielsweise Modems, die sich geräuschvoll einwählen, oder laut kleckernden Tastaturen und zieht sich durch die visuelle Ebene weiter durch. Auch hier ist zu erkennen, dass sich das sehr überladene und blinkende Design in eine minimalistische, geordnete und ruhige Umgebung verwandelt.
Der enzyklopädische Ansatz könnte durch mehrere Handlungssträngen unterstützt werden, welche sich durch die Evolution ziehen und das Storytelling unterstützen.
Wünschenswert, aber sehr schwierig umzusetzen, wäre eine poetische Ebene miteinzubringen. Prof. Dr. Phi. Stefan Asmus spricht auch von einer Metaebene, über die man von oben oder unten auf alles blicken kann. Auch denkbar wäre, dass ich eigene Thesen oder die eigene Sicht einarbeite – das würde meine Arbeit von der rein faktischen Ansicht unterscheiden. Das ist vor allen Dingen deshalb wichtig, da die Arbeit als Designer sehr von Intuition geprägt ist. Im Gespräch fällt der Vergleich mit einem Gitarrenspieler, der sich intuitiv voll und ganz auf die Musik einlässt und möglicherweise nicht wissenschaftlich exakt erklären kann, was nun genau passiert ist.
Die poetische Ebene könnte auch dazu dienen, dass das was kodifiziert gezeigt wird, gleichzeitig das zeigt, was nicht dargestellt wird. Hier verwenden wir die berühmte Eisberg-Metapher, bei der nur die Spitze des Eisbergs sichtbar über dem Wasser liegt.

Die Erweiterung des Menschen

Im weiteren Verlauf sprechen wir über künstliche Intelligenz und wie schon erwähnt über Technologien, die den Menschen unterstützen sollen. Letztendlich geht es immer darum, das Leben des Menschen zu verbessern und die künstliche Intelligenz trägt unterstützend dazu bei. In Kooperation können Probleme gelöst werden und die häufige Darstellung, dass wir mit Chips leben und von KIs getrieben und bedroht werden, ist vorerst weit hergeholt. Ein Kernpunkt ist der, dass Algorithmen im Unterschied zum Menschen nichts Unbekanntes benennen können. Das heißt nicht, dass sie keine Fähigkeit haben selbst zu lernen und sich selbst zu verbessern, jedoch kann etwas, das in keiner Form im System war, nicht selbst erstellt werden. Die Gedanken im Bezug auf künstliche Intelligenzen finde ich auch in Bezug auf Interface Design sehr spannend. Letztendlich geht es immer darum, dem Menschen bestmöglichen Zugang zu einem System zu geben und hier ist die Überlegung spannend, was der Mensch überhaupt braucht, um sinnvoll auf ein System zugreifen kann. Das meine ich sowohl im allgemeinen Bezug auf Interfaces als auch speziell mit Blick auf das Design grafischer Benutzeroberflächen.

Weitere Empfehlungen

Je nachdem in welche Richtung ich mich entscheide, können mir eine weitere theoretische Auseinandersetzung helfen. Dabei geht es zum einen um den Technikbegriff von Heidegger. Zum anderen könnte Bruno Latours Akteur-Netzwerk-Theorie interessant sein, falls ich mich tiefer mit der Koexistenz von Mensch und Maschine beschäftigen möchte. Barads buch über den agentiellen Realismus, Dirk Bäckers Text über Designvertrauen sowie Luhmanns Theorien über Weltkunst könnten weitere Quellen sein.

Momentan bin ich mir unschlüssig, welche Richtung ich einschlagen möchte. Die theoretischen Hintergründe, welche wir im Studio diskutiert haben, habe ich prinzipiell verstanden. Letztendlich fällt es mir aber schwer so schnell eine Verknüpfung zu meinem Thema zu finden. Hier möchte ich mir noch einige Tage Zeit geben und in den nächsten Tagen intensiv über mein Abschlussprojekt nachdenken. Dabei kommen Pro-Contra-Listen zum Einsatz und die wichtige Frage, die ich mir selbst beantworten muss, ist was ich selbst möchte. Was möchte ich mit meinem Abschlussprojekt später machen und welches Thema holt mich so leidenschaftlich ab, dass ich darin nicht nur wochenlang eintauchen möchte, sondern bestenfalls einen Forschungsschwerpunkt oder Interesse für danach finde.

(Un-)Menschlickeit im digitalen Mittelalter

Der Film »Lo and Behold – Wovon träumt das Internet?« des Regisseurs Werner Herzog geht in seinen zehn Kapiteln der Geschichte des Internets und dessen Auswirkungen auf unsere Gesellschaft nach. In Gesprächen werden beispielsweise »Die Herrlichkeit des Netzes«, »Die dunkle Seite«, »Internet auf dem Mars« oder die Zukunft des Netzes thematisiert. Gesprächspartner sind dabei Leonard Kleinrock, Elon Musk, Sebastian Thrun sowie viele weitere wichtige Protagonisten dessen tägliche Arbeit vom Internet bestimmt wird oder deren Leben durch das Netz massiv verändert wurde.

Der Film »Lo and Behold – Wovon träumt das Internet?« des Regisseurs Werner Herzog geht in seinen zehn Kapiteln der Geschichte des Internets und dessen Auswirkungen auf unsere Gesellschaft nach. In Gesprächen werden beispielsweise »Die Herrlichkeit des Netzes«, »Die dunkle Seite«, »Internet auf dem Mars« oder die Zukunft des Netzes thematisiert. Gesprächspartner sind dabei Leonard Kleinrock, Elon Musk, Sebastian Thrun sowie viele weitere wichtige Protagonisten dessen tägliche Arbeit vom Internet bestimmt wird oder deren Leben durch das Netz massiv verändert wurde. Wie in meiner Dokumentation üblich, möchte ich keine Filmrezension schreiben, sondern lediglich die wichtigen Punkte herauspicken. Vor allem die Kapitel »Künstliche Intelligenz« und »Das Internet des Ichs« sind dabei spannend für mich.

In ersterem prophezeit Sebastian Thrun, dass wir an einen Punkt kommen werden, an dem fast alles von Maschinen übernommen werden kann und dass sie das meiste besser als wir Menschen können. Das liegt unter anderem daran, dass Maschinen sehr viel schneller lernen.1 Zudem erklärt er schon zuvor, dass die Fehler, die selbstfahrende Autos machen, sofort mit anderen – auch »ungeborenen« – Autos geteilt werden. Dadurch wird dieser Fehler niemals wiederholt, was ein enormer Vorteil gegenüber menschlichen Fahrern ist.2

Theologische Revolution

Solche grundlegenden Veränderungen, die durch das Internet und die Maschinen, die für uns denken, einhergehen, benötigen laut Computerwissenschaftler Danny Hillis eine Veränderung unserer Moral. Wir müssten über die Definition, was menschlich sein wirklich bedeutet, nachdenken und er sagt eine theologische Revolution voraus. Wir ergründen und entwickeln eine neue Gesellschaft sowie neue Ideen darüber, was richtig und falsch ist. Er sieht die momentane Zeit zudem als eine unglaublich kreative Zeit in der Menschheitsgeschichte – nicht nur technologisch, sondern auch moralisch und kulturell.3 Dieser Gedanke ist dem Luciano Floridis, der von einer neuen Informationsphilosophie spricht, sehr nahe. Auch er ist der Meinung, dass die Entwicklung einer neuen Philosophie notwendig ist, um dem rasanten Wandel, dem unsere Zeit unterliegt, gerecht zu werden.

Das digitale Mittelalter

Der Computerwissenschaftler sieht eine weitere Entwicklung, die den Gedanken Floridis sehr ähnlich ist. Während der Informationsphilosoph es als »Digitalen Gedächtnisverlust« formuliert (Die Hypergeschichte »), spricht Hillis vom »Digitalen Mittelalter«. Seinen Beobachtungen nach passieren heutzutage viele Dinge deren Hintergründe später nicht mehr nachvollziehbar sind. Während es noch handschriftliche Briefe der Gründerväter der USA gibt, wird heute vieles per E-Mail geklärt. Diese Unterhaltungen vorweg werden höchstwahrscheinlich also nicht mehr rekonstruierbar sein und verloren gehen.4 Während die Ausführung beider ziemlich unterschiedlich sind, entsprechen sie sich im Kern doch sehr. Im Grunde geht es bei beiden um eine nicht vorhandene oder verlorene Historie, welche es den Generationen nach uns sehr schwierig machen wird, die Hintergründe zu verstehen.

Das unsichtbare Internet

Während meines Researchs beschäftigt mich immer wieder das Verschwinden von Schnittstellen. Technologie wird zunehmend unsichtbar und rückt in den Hintergrund. Der Internetpionier Leonard Kleinrock erläutert im Film, dass ein Raum wissen müsste, wenn man da ist. Er spricht von Voice User Interfaces, so dass man mit der Technologie kommunizieren kann, welche wiederum mit Sprache, einem Hologram oder einem Display auf natürliche Weise antworten kann. Auch Gesten, Berührungen oder sogar das Miteinbeziehen des Geruchssinns hält er für möglich. Er vergleicht sie dabei mit der Elektrizität, welche einfach unsichtbar in unseren Wänden eingelassen ist. Zu dieser Unsichtbarkeit müsste sich das Internet jedoch noch entwickeln.5 Ähnlich sieht das der Sicherheitsanalytiker Sam Curry, welcher von Räumen spricht, in denen das Licht nach eigenen Vorlieben gedimmt oder die Musik angeschaltet wird, wenn man den Raum betritt.6 Vor allem der letzte Ansatz eines Smart Homes, ist heutzutage teilweise schon möglich. So können beispielsweise HUE-Lampen eingeschaltet werden, sobald sich das Smartphone mit dem W-LAN verbindet oder Lampen von z. B. Trilux je nach Tageslicht gesteuert werden.

Abschließend liefert mir der Film »Lo and Behold – Wovon träumt das Internet?« leider kaum neue Erkenntnisse oder Ansätze, welche ich für meine Master-Arbeit verwenden kann. Die interessanten Gedanken habe ich hier für mich zusammengefasst, jedoch habe ich vor allem im Hinblick darauf, dass Elon Musk oder Ted Nelson Teil des Films sind, mehr erwartet.

Quellen
  1. Vgl. Herzog, Werner: »Lo and Behold – Wovon träumt das Internet?«, 98 Minuten, Vereinigte Staaten 2016 [Deutschland 2017], TC: 01:23:30–01:24:22, VIII. Künstliche Intelligenz.
  2. Vgl. Ebd., TC: 00:34:56–00:36:18, II. Die Herrlichkeit des Netzes.
  3. Vgl. Ebd., TC: 01:24:23–01:25:08, VIII. Künstliche Intelligenz.
  4. Vgl. Ebd., TC: 01:29:46–01:30:20, IX. Das Internet des Ichs.
  5. Vgl. Ebd., TC: 01:26:17–01:27:20, IX. Das Internet des Ich.
  6. Vgl. Ebd., TC: 01:27:20–01:28:28, IX. Das Internet des Ich.

Tim Berners-Lee über das World Wide Web

Im Gespräch mit Barbara Bleisch spricht Tim Berners-Lee in Sternstunde Philosophie über seine Erfindung, das World Wide Web. Dabei kommen Themen wie beispielsweise Linked Open Data, die World Wide Web Foundation, die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine oder künstliche Intelligenz zur Sprache.

Im Gespräch mit Barbara Bleisch spricht Tim Berners-Lee in Sternstunde Philosophie über seine Erfindung, das World Wide Web. Dabei kommen Themen wie beispielsweise Linked Open Data, die World Wide Web Foundation, die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine oder künstliche Intelligenz zur Sprache.

Eine gewaltige kulturelle Veränderung sieht der Begründer darin, dass Gruppen und Kulturen im World Wide Web von der Leidenschaft der Menschen bestimmt werden.1 Um diese durchbrochenen Barrieren vollständig zu nutzen, müssen wir laut ihm lernen, die neu gewonnene Freiheit zu nutzen. Er bewirbt dabei sein Konzept von Linked Open Data, indem er auf die Zusammenarbeit von Wissenschaftlern hinweist, die sich großen Herausforderungen wie die Bekämpfung von Krebs oder Alzheimer annehmen. Er sieht das Web als vernetzte Menschheit und wenn man in das Netz schaut, sieht man die Menschheit von ihrer guten sowie von ihrer schlechten Seite.2 Zudem ist er überzeugt davon, dass die Leute heutzutage »nicht mehr nur zum Spaß surfen, sondern es benutzen. Sie wissen, dass es riesig ist und kennen die Orte, die sie im Web mögen«3.

Die Erschließung des Planeten

Die Gründung der World Wide Web Foundation im Jahr 2008 basiert auf dem Wunsch, dass das Internet der Menschheit besser dienen soll. Ein wichtiges Ziel war die Verbreitung voranzubringen, da bei Aufnahme ihrer Arbeit erst 10, 15 % der Menschen Zugang zum Web hatten. Zur Zeit des Gesprächs (2015) waren immerhin schon 40 % versorgt,4 was ich noch immer als überraschend wenig empfinde. Er vermutet, dass in den kommenden 1–2 Jahre die 50 %-Marke überstiegen wird5 und durch eine kurze Recherche glaube ich, dass die Marke zurzeit geknackt werden dürfte.

Die Tatsache, dass nur etwa die Hälfte der Menschheit das World Wide Web nutzen kann, wirft bei mir unterschiedliche Gedanken auf. Zum einen wird es in seiner inhaltlichen Masse noch einmal enorm wachsen. Zudem bin ich gespannt, welche kulturelle Veränderungen vollzogen werden, wenn neben der entwickelten Welt andere Stimmen hörbar werden. Des Weiteren wird die Vernetzung mit der restlichen Welt sicherlich sehr viele neue Möglichkeiten eröffnen und einen enormen Fortschritt bedeuten.

Von der Künstlichen Intelligenz überholt

Tim Berners-Lee war schon immer darauf aus, Maschinen in sein System einzubinden. Er ist sich sicher, dass es sehr aufregend wird, wenn es ein gutes Datennetz gibt, welches Unmengen an Maschinen dazu bringen kann miteinander zu sprechen. Sie können dazulernen und verstehen wie die Welt funktioniert. Er ist überzeugt davon, dass wir ein Netz errichten müssen, in dem sich Mensch und Maschine die Aufgaben je nach Kompetenz teilen. Maschinen werden den schweren und die Menschen z. B. den kreativen Part übernehmen.6

Weiter sollten wir darauf gefasst sein, dass die künstliche Intelligenz so schlau wird wie wir Menschen. Früher konnte man sich nicht vorstellen, dass Computer Autos fahren oder Schach spielen. Beides ist nun der Fall und ähnlich ungläubig sind wir heutzutage, was die zukünftige Entwicklung der KI betrifft. Daher fordert er dazu auf, sich schon jetzt Gedanken zu machen, für den Zeitpunkt, wenn dieser Fall eintritt.7 Luciano Floridi sieht in dieser Turing-Revolution die 4. Revolution nach Kopernikus, Darwin und Freud. Er siedelt diese jedoch schon bei Turing an, da der Computer den Menschen schon längst z. B. in der logischen Informationsverarbeitung übersteigt.

Vorangegangene Entwicklungen

Als spannende vorherige Erfindungen nennt der Erfinder des Webs die Bulletin Boards, in die man sich mithilfe des Telefonhörers und einem Modem einwählen konnte. Außerdem erwähnt er Doug Engelbert und Vannevar Bush. Engelbert hatte das Internet nie namentlich erwähnt, sei aber durch die Idee Hypertext zu verwenden, Nachrichten zu versenden und Dinge zu verlinken, konzeptionell sehr nah dran. Bushs Idee der Memex erläutert Berners-Lee sehr praktisch. Memex wäre ein Tisch gewesen, an dem man Mikrofilme hätte lesen können. Am Ende wäre eine Verlinkung zum nächsten und durch einen Knopfdruck wäre ein ganzes mechanisches System in Bewegung gekommen und die Memex hätte einen vom einen zum nächsten Mikrofilm gebracht. Zudem hatte er die Idee Wissenschaftlern Zugang zum Human Record zu erleichtern. Das sind die Aufzeichnungen alldessen, was wir entdeckt haben. Zwar war seine Vision ohne tatsächliche Verwendung von elektronischen Computern, Berners-Lee ist sich aber sicher, dass er sich für die Forschung interessiert hätte.8

Utopische Räume

Einen sehr interessanten Ansatz lässt sich gegen Ende des Gesprächs finden. Auf die Frage, ob er seine Erfindung im Zusammenhang mit Problemen wie Datenschutz, Klimawandel, etc. sieht, hat er einen aus meiner Sicht sehr speziellen und guten Ansatz.
Er ist nicht der Meinung, dass das etwas mit utopischen Räumen zu tun hat. Solche Themen werden in einem wissenschaftlichen Umfeld diskutiert und in diesem Zusammenhang ist es wichtig, unsinnige Ideen von den guten zu trennen, um keine Zeit zu verlieren. Umso wichtiger ist es, dass Stimmen nach oben durchdringen, wenn tatsächlich ein Problem entdeckt wird. Er ist der Meinung, dass wir Systeme entwickeln, die nach Regeln funktionieren und keine utopischen Räume sind. Er ist sich sicher, dass man mit Hilfe von Auswahlsystemen diejenigen Menschen finden kann, welchen wir die richtigen Entscheidungen zutrauen und deren Stimmen wir vertrauen.9

Diese Überlegung finde ich insofern spannend, dass ich überzeugt davon bin, dass sich kompetentere Menschen finden lassen als diejenigen, die tatsächlich die Gesetze verabschieden. Nicht weil diese generell inkompetent sind, sondern weil sie sicher andere Schwerpunkte haben. John Perry Barlow bringt es so auf den Punkt, dass Menschen innerhalb der Regierung unter anderen Umständen geformt worden sind als die Leute, die die meiste Zeit virtuell verbringen. Wie soll jemand, der sich sonst für völlig andere Dinge einsetzt plötzlich entscheiden, ob irgendwelche Algorithmen so verwendet werden können, wie sie sind? Wie soll man ihnen Entscheidungen über das Land überlassen, wenn man vor der Entscheidung erst einmal die Technologie erklären muss? Hier wäre ein Zusammenschluss von wirklichen Experten, die sich tagtäglich unabhängig davon im World Wide Web bewegen, sehr sinnvoll.

Das und viele weitere Fragen tauchen regelmäßig auf, wenn ich mich mit der Arbeit und den Visionen von Tim Berners-Lee auseinandersetze. Erneut war dieses Gespräch sehr inspirierend, da es zum einen neue Gedankengänge öffnet und bei anderen Gedanken für Klarheit sorgt.

Quellen
  1. Vgl. Berners-Lee, Tim, Das Weltrettungsforum, dem nichts heilig ist.: »Tim Berners Lee – Der Erfinder des Internets (Sternstunde Philosophie)«, Stand: 30.8.2015, URL: https://www.youtube.com/watch?v=1uErJzcr3fU, TC: 00:15:41–00:16:21, abgerufen am 8.7.2017.
  2. Vgl. Ebd., TC: 00:16:56–00:18:22.
  3. Ebd., TC: 00:40:57–00:41:08.
  4. Vgl. Ebd., TC: 00:20:47–00:21:38.
  5. Vgl. Ebd.
  6. Vgl. Ebd., TC: 00:31:22–00:32:55.
  7. Vgl. Ebd., TC: 00:52:06–00:53:18.
  8. Vgl. Ebd., TC: 00:43:37–00:45:28.
  9. Vgl. Ebd., TC: 00:48:30–00:49:35.

Ursprung der Codes: Die gesprochene Sprache

Die westliche Kultur befindet sich im großen Umbruch, ausgelöst durch die Fortschritte der Technologie. Veränderte Koden, verändern unsere Art zu denken grundlegend. Wie sieht die Zukunft aus?

In meinen vorherigen Beiträgen »Das globale Dorf – Raum, Zeit und Dynamik« sowie »Von der Kultur, die statisch wurde« setzte ich mich bereits mit der Tatsache auseinander, dass die Linearität das Denken in unserem Kulturkreis maßgeblich beeinflusst hat. Meine abschließende Erkenntnis war die, dass sich diese Linearität aufzulösen scheint und unsere Lebenswelt weniger festgezurrt und dynamischer wird.
Sicher wird die Zukunft unserer Kultur durchweg von Algorithmen bestimmt, die sehr wohl eindeutig sind. Jedoch wird das Denken des Menschen sehr viel flexibler sein und grundlegend verändert werden.

Vilém Flusser bringt in Bezug darauf beispielsweise vor, dass wir »nicht mehr Daten zu lernen haben, sondern das zweckmäßige Speichern, Abberufen und Variieren von Daten. Nicht mehr das Repertoire, sondern die Struktur von Systemen. Dieses Prozessieren von Daten, das bisher von der Notwendigkeit der Datenerwerbung gebremst war, heißt ›Kreativität‹, und es ist daher mit einer wahren Explosion der menschlichen Kreativität zu rechnen«1.

Dieser Ansatz Flussers ist vor 30 Jahren schätzungsweise revolutionär, heute im Jahr 2017 sind wir schon mitten im Umbruch. Die Denkweise in unserem Kulturkreis wird bereits auf das Verstehen von Strukturen getrimmt, während wir wissen, dass wir beispielsweise nichts mehr zwingend auswendig lernen müssen. Alles ist abrufbar, die Suchmaschine Google ist nur ein beispielhaftes Werkzeug hierfür. Man muss nicht mehr die Information selbst kennen, es genügt zu wissen, wie wir sie abrufen können. Diesen Ansatz habe ich bereits in diversen Beiträgen verfolgt und halte ihn nach wie vor für eine der grundlegendsten Veränderung unserer Zeit. Dieser Fortschritt der Technologie, unterstützt weiter die Aussage Flussers, dass jede Revolution technisch ist.2 Nicht irgendeine Ideologie, sondern die Technik veränderte unsere Lebenswelt und unser Denken in den letzten Jahrzehnten entscheidend.

Eine weitere maßgebliche Veränderung wird laut Flusser durch die Veränderung der Koden ausgelöst: »Die Veränderung wäre tiefgreifend, weil unser Denken, Fühlen, Wünschen und Handeln, ja sogar unser Wahrnehmen und Vorstellen, in hohem Grad von der Struktur jenes Codes geformt werden, in welchem wir die Welt und uns selbst erfahren. Wir sind ›westliche Menschen‹, weil unsere ›forma mentis‹ von der Linearität des alphanumerischen Codes ausgebildet wurde. Sollten unsere Kinder und Enkel die Welt und sich selbst mittels anders strukturierter Codes (etwa mittels technischer Bilder wie Fotos, Filme und Fernsehen, und mittels Digitalisation) erfahren, dann wären sie anders in der Welt als wir es sind, und als es unsere Vorfahren waren«3. Dieser Aussage möchte ich ein weiteres Zitat zur Auseinandersetzung hinzufügen: »Nun verfügen wir, seit Urzeiten, über einen Code, nämlich über die gesprochene Sprache, welcher diese Aufgabe leistet«4.

Koden dienen grundsätzlich der Kommunikation, aus meiner Sicht unabhängig davon, ob zwischen Menschen oder Menschen und Maschinen. In »Conversational User Interfaces« und »Natural User Interfaces – Die unsichtbaren Schnittstellen« sehe ich daher Ansätze, die seine Denkweise nicht nur bestätigen, sondern weit darüber hinaus gehen. Zudem werden Voice User Interfaces (VUI) immer populärer. Mit VUIs erhalten wir meiner Ansicht nach nicht nur eine zusätzliche Art der Mensch-Maschine-Kommunikation, sondern wir kommen zurück zum ursprünglichen Code – der gesprochenen Sprache.
Insgesamt drängt sich mir hier die Frage auf, wie zukünftige User Interfaces aussehen könnten, wenn sie denn überhaupt noch »aussehen«. Amazons Alexa oder Apples Siri sind nur zwei Beispiele für ein sprachgesteuertes Gerät bzw. sprachgesteuerten Assistenten. Während Siri auch visuell reagiert, existiert Alexa ausschließlich auf der auditiven Ebene. Unter dem Strich können Alexa und Siri alle Fragen gestellt werden.
Mein Problem damit ist momentan noch das, dass ich mir nicht vorstellen kann, wie eine Welt basierend auf Audio Interfaces aussehen könnte. Nach meinem Verständnis müsste man zumindest wissen, welche Informationen vorhanden sind, um die entsprechende Antwort zu erhalten. Ein reines Stöbern oder zufälliges auf Informationen stoßen wären damit ausgeschlossen. Daher stellt sich die nächste Frage, inwiefern Audio Interfaces tatsächlich andere Interfaces ersetzen und ob sie nur als zusätzliche Variante dienen könnten.

Quellen
  1. Röller, Nils; Wagnermaier, Silvia (Alle Hg.): »absolute Vilém Flusser«, Freiburg 2003, S. 171.
  2. Vgl. Ebd., S. 157.
  3. Ebd., S. 71.
  4. Ebd., S. 74.
Abbildungen
  1. Titelbild: Lecourt, Pierre: »Amazon Echo«, abgerufen am 7.11.2016, Lizenz: CC BY-NC-SA 2.0.

Gegen das Absolute

Inwieweit wird es in Zukunft noch das Absolute geben? Ist alles relativ und im stetigen Wandel? Bleibt alles ein langer Prozess?

»absolute Vielem Flusser«, herausgegeben von Nils Roller und Silvia Wagnermaier, enthält neben Essays von Villem Flusser unter anderem ein Gespräch zwischen dem Medienphilosophen und Florian Rötzer aus dem Jahr 1991. Ein Zitat Flussers halte ich dabei für besonders interessant: »Mir gefällt das Wort ›virtuell‹ gar nicht, weil es unter anderem viele Macho-Konnotationen hat. Da es keine nicht-virtuelle Realität gibt, da Realität nur ein Grenzbegriff ist, dem wir uns nähern und den wir nie erreichen können, kann ich von alternativen Weisen des Erreichen von Realität sprechen.«1

Diesen Gedanken finde ich insofern spannend, da häufig der Unterschied zwischen nicht-virtueller und virtueller Realität gemacht wird. In meinem Beitrag »Erkenntnisse und Eindrücke: Luciano Floridis Buch ›Die 4. Revolution‹« beschäftigte ich mich bereits in Bezugnahme auf Luciano Floridi mit der Unterscheidung dieser zwei Zustände. Floridi, dessen Buch jedoch grob 35 Jahre später erschien und somit eine ganz anderen Perspektive besitzt, spricht davon wie innerhalb der Infosphäre Virtuelles und Nicht-Virtuelles verschwimmen.2 Unter anderem deshalb, da die vermeintliche Wirklichkeit auch von Menschenhand geschaffen ist.3

Diese Ansicht Floridis konnte ich voll und ganz nachvollziehen. Nun erscheint mir Flussers Aussage jedoch zunehmend schlüssiger. Zwar hatte Flusser damals sicher nicht die leiseste Ahnung, was das World Wide Web und die Technologie im generellen noch mit sich bringen werden. Doch entspricht diese Ansicht viel mehr der heutigen Lebenswelt, die noch weniger als früher in schwarz und weiß aufzuteilen ist. Weiter fordert er im gleichen Gespräch, dass wir immer relative Begriffe haben und uns abgewöhnen müssen, mit absoluten Begriffen zu arbeiten.4
Dem Absoluten widerspricht auch Dr. Markus Gabriel, der in seinem Buch »Warum es die Welt nicht gibt« klar macht, dass es nicht die eine Welt gibt und sie in Sinnfelder einteilt.

Unabhängig vom World Wide Web, ist es heutzutage nicht nur möglich, sondern auch anerkannt, dass jeder Menschen seinen eigenen Lebens­entwurf verwirklicht. Jeder Mensch hat dabei seine eigenen Sinnfelder, Realitäten und Wahrnehmungen, welche er ohne Umschweife jederzeit wieder ändern oder parallel leben kann. Bei Facebook ist es nun möglich aus über 50 Geschlechtern zu wählen, was bedeutet, dass in unserer Gesellschaft selbst physische Eigenschaften relativ geworden sind. Des Weiteren richtet sich die komplette Industrie danach, den individuellen Bedürfnissen, Lebensentwürfen und Wirklichkeiten gerecht zu werden. Es gibt im Grunde nichts, was man nicht haben oder tun kann.

Es ist noch immer utopisch zu denken, dass absolut jeder alles machen und ausleben kann. Doch spielen frühere, feste Strukturen, sei es in der Familie oder bei den Themen Bildung und Beruf, eine immer kleinere Rolle. Die Strukturen werden aufgebrochen, die Welt wird relativ und das »Virtuelle« gehört genauso zu unserer Realität wie das, was wir im allgemeinen Gebrauch als Nicht-Virtuell ansehen. So gehören algorithmische Maschinen in die gleiche Lebenswelt wie die Natur an sich.

In einem weiteren Gedanken, stellt sich mir die Frage, ob es das Absolute auch im Hinblick auf Designprodukte überhaupt noch geben wird oder alles ein stetiger Prozess bleibt. Zwar sind analoge Flyer nach wie vor fertige Produkte, doch neben sich ohnehin stetig verändernden digitalen Produkten, werden schon viele analoge Produkte mit dem Nicht-Absoluten ausgestattet. Bücher enthalten Links oder Augmented Reality-Inhalte. Manche sind sogar so konzipiert, dass sie stets erweiterbar sind. Aus meiner Sicht sind das nur Hybridmedien, die irgendwann den nächsten Schritt machen werden. Dorthin, wo nichts mehr absolut und in Stein gemeißelt ist. Dieser Ansatz, dass nichts absolut und alles in Bewegung ist, wird mich sicher noch weiter in meiner Masterarbeit begleiten.

Quellen
  1. Rötzer, Florian: »Gespräch mit Florian Rötzer, München 1991« in: Röller, Nils; Wagnermaier, Silvia (Alle Hg.): »absolute Vilém Flusser«, Freiburg 2003, S. 11 f.
  2. Vgl. Floridi, Luciano: »Die 4. Revolution – Wie die Infosphäre unser Leben verändert«, Berlin 2015, S. 9.
  3. Vgl. Ebd., S. 329.
  4. Vgl. Rötzer, Florian: »Gespräch mit Florian Rötzer, München 1991« in: Röller, Nils; Wagnermaier, Silvia (Alle Hg.), »absolute Vilém Flusser«, Freiburg 2003, S. 13.

HAL 9000 in »2001: Odyssee im Weltraum«: Eine menschliche, künstliche Intelligenz.

Im Rahmen des Kurses »Realität und Gestaltung im Film« bei Dr. phil. habil. Hyun Kang Kim und Christine Reeh im Sommersemester 2016, ist das Thema unseres Vortrags »2001: Odyssee im Weltraum.« Der Vortrag wurde von sechs Studierenden gehalten. Ich übernahm dabei
zusammen mit einer anderen Studentin den Bordcomputer HAL 9000.

Im Rahmen des Kurses »Realität und Gestaltung im Film« bei Dr. phil. habil. Hyun Kang Kim und Christine Reeh im Sommersemester 2016, ist das Thema unseres Vortrags »2001: Odyssee im Weltraum.« Der Vortrag wurde von sechs Studierenden gehalten. Ich übernahm dabei
zusammen mit einer anderen Studentin den Bordcomputer HAL 9000.

Den Vortrag, über den es bereits einen Beitrag innerhalb der Dokumentation gibt (2001: Odyssee im Weltraum – HAL 9000), habe ich in einer Hausarbeit weiter ausgearbeitet.

HAL9000 in »2001: Odyssee im Weltraum«: Eine menschliche, künstliche Intelligenz.

2001: Odyssee im Weltraum – HAL 9000

Im Rahmen des Kurses »Realität und Gestaltung im Film« bei Dr. phil. habil. Hyun Kang Kim und Christine Reeh, ist das Thema unseres Vortrags »2001: Odyssee im Weltraum.« Der Vortrag wird von sechs Studierenden gehalten. Ich übernehme zusammen mit einer anderen Studentin den Bordcomputer HAL 9000.

Im Rahmen des Kurses »Realität und Gestaltung im Film« bei Dr. phil. habil. Hyun Kang Kim und Christine Reeh, ist das Thema unseres Vortrags »2001: Odyssee im Weltraum.« Der Vortrag wird von sechs Studierenden gehalten. Ich übernehme zusammen mit einer anderen Studentin den Bordcomputer HAL 9000. HAL 9000 ist ein fiktiver Bordcomputer, der eine – hochentwickelte – Künstliche Intelligenz darstellt und die ganze Mission steuert. Er ist der einzige, der die komplette Mission kennt.

Screenshot aus: »2001: Odyssee im Weltraum« Tablets
Dave und Frank beim EssenII

Zukunftsvisionen 1986

In 2001 wird schnell klar, dass Kubrick und Clarke eine sehr klare Vorstellung der medialen Zukunft besitzen, die – wohlbemerkt im Jahr 1968 – fast schon visionär ist. Am Geburtstag seiner Tochter spricht Dr. Heywood Floyd beispielsweise via Videochat mit ihr1, was sehr stark an z. B. Skype erinnert. Während dem Essen schauen sie Nachrichten auf einer »Scheibe«2, was dem Tablet sehr nahe kommt. Zusätzlich trifft HAL als funktionierende und lernfähige, KI nicht nur den technologischen Stand im Jahr 2016, sondern übersteigt unseren Stand bei weitem.

Screenshot aus: »2001: Odyssee im Weltraum« Einführung HAL
Der Bordcomputer HAL 9000 wird vorgestelltIII

HAL als 6. Mitglied der Besatzung

HAL wird durch ein rotes Kameraauge dargestellt, was eine mythologische Anspielung auf den einäugigen Zyklopen sein könnte, den Odysseus überlisten muss, um seine Fahrt fortzusetzen. Er ist weiter in jedem Raum der Raumstation allgegenwärtig und wird direkt zu Beginn als fehlerfreier Computer vorgestellt. Für die Vorstellung von HAL nutzt Kubrick die Form von Nachrichten bzw. die eines Interviews, das Live auf der Raumstation ausgestrahlt wird und mit HAL gehalten wird.3 Das ist ein wiederkehrendes und gutes Stilmittel, um viele Informationen kurz und knapp zu erläutern. Durch Stilmittel wie diese kann er auf eine Erzählerstimme verzichten.
In dieser Vorstellungsrunde wird HAL auch als 6. Mitglied der Besatzung bezeichnet, was seine wichtige Stellung und seine ausgeprägte Intelligenz unterstreichen.4 Des Weiteren spricht er mit einer sehr warmen Stimmte und wirkt oft sogar emotionaler als die Wissenschaftler selbst.

Screenshot aus: »2001: Odyssee im Weltraum« Schachspiel
HAL gewinnt beim SchachIV

Demonstration der Überlegenheit

Seine Intelligenz wird kurze Zeit später in einem sprachgesteuerten Schachspiel unterstrichen. Er spielt gegen Frank und gewinnt, was ich als ersten Hinweis dafür sehe, dass er dem Menschen in seiner Intelligenz mindestens gleichkommt, wenn nicht sogar übersteigt. Sprachlich wird das mit HALs Aussage unterstützt: »Tut mir leid, Frank, du hast verloren«5. Dies hat insofern doppeltes Gewicht, dass insgesamt sehr wenig im Film gesprochen wird.

Fehlfunktion der AE 35 und KI mit menschlicher Gabe

In einem Gespräch mit Dave6 findet HAL einen Fehler in der Einheit AE 35. Da er fehlerfrei ist, steht dies außer Frage. Als später bekannt wird, dass es keinen feststellbaren Fehler gab, schiebt er das auf menschliches Versagen.
In dieser Szene wird klar, dass der Bordcomputer nicht nur Gefühle hat, sondern sehr viel mehr Eigenschaften, die gegen unsere Vorstellung einer KI sprechen. Beispielsweise lässt er sich zu Beginn der Szene eine Zeichnung zeigen, die Dave angefertigt hat und bewertet sie mit: »Das ist eine sehr schöne Zeichnung, Dave. Ich finde, Du hast viel dazu gelernt.« Des Weiteren erkennt er die Zeichnung sogar: »Das ist Mr. Hunter, nicht wahr?« Im Verlauf des Gesprächs fragt er Dave, ob er ihm eine persönliche Frage stellen darf und dass er ihn entschuldigen soll, wenn er ihm zu Nahe tritt. Dinge wie die Urteilskraft, Empathie oder später im Film das Treffen von Entscheidungen werden für gewöhnlich dem Menschen zugerechnet.
Zum anderen kann ein Algorithmus seinen Zustand nicht selbst ändern, sondern für eine bestimmte Eingabe erhält man eine bestimmte Ausgabe. Er denkt jedoch selbst mit: »Ich weiß auch nicht, ob meine Sorgen in kausalem Zusammenhang mit meinen Beobachtungen stehen.«
Das heißt HAL ist auf den ersten Blick weit mehr als nur eine algorithmisch, programmierte Künstliche Intelligenz.

Die 4. Kränkung der Menschheit

Der Film ist sehr frei interpretierbar und Clarke und Kubrick wollten auch, dass er interpretierbar bleibt. Es gibt keine klaren Antworten, aber für mich ist der Film eine Verdeutlichung der 4. Revolution, die auch der Informationsphilosoph Luciano Floridi (Die 4. Revolution ») beschreibt.

1. Kopernikus
Kopernikus beweist, dass wir in einem heliozentrischen System leben. Hier wird der Mensch, der bis dahin dachte, dass die Erde der Mittelpunkt des Universums ist, zum ersten Mal aus seiner zentralen Rolle gedrängt.

2. Darwin
Darwin begründet die Evolutionstheorie, die besagt, dass der Mensch vom Affen abstammt. Auch hier findet eine Verdrängung des Menschen statt, der nun kein göttliches und einzigartiges Geschöpf mehr zu sein scheint und deshalb bis heute noch nicht allumfassend anerkannt wurde.

3. Freud
Die 3. Kränkung wird Freud zugeschrieben, fällt jedoch auch in den Bereich der Gehirnforschung. Er entdeckt das Unterbewusstsein und der Mensch ist sich nun nicht einmal mehr sich selbst völlig transparent. Wir wissen heute, dass wir unterbewusst handeln und das stellt auch kein Problem mehr für uns dar.

4. Alan Turing
Durch Alan Turing entsteht die Informationsrevolution, welche laut Floridi die 4. Kränkung der Menschheit darstellt, in der der Mensch noch weiter aus seiner zentralen Rolle gedrängt wird. Der Computer ist dem Menschen z. B. in der Informationsverarbeitung weitaus überlegen und diese Überlegenheit wird sich zukünftig noch mehr ausbauen. Von Beginn an wurde auch in 2001 klar, dass der Mensch eher der Maschine dient als umgekehrt. Die Überlegenheit wird auch visuell deutlich gemacht, indem der Blick – aus dem Auge HALs heraus gefilmt – leicht erhöht ist.

Screenshot aus: »2001: Odyssee im Weltraum« Zeichnung
HAL blickt aus einer überhöhten Perspektive auf Dave herabV

Die vier Kränkungen im Film

Besonders spannend finde ich dabei, dass Kubrick die ersten drei Kränkungen scheinbar nicht nur aufnimmt, sondern die Menschen es zum einen annehmen und gut mit Ihnen leben können. Andererseits könnte sie jedoch auch den Kampf gegen diese bedeuten.

So wurde die Kränkung Kopernikus hingenommen und man fliegt raus ins Universum. Man hat verstanden, dass die Erde nicht die zentrale Rolle übernimmt, sondern einen kleinen Teil eines endlosen Universums. Andererseits könnte es bedeuten, dass wir Menschen das Bedürfnis haben, das Weltall zu besiedeln und zu besitzen, um uns damit zurück ins Zentrum des Ganzen zu rücken.

Dass wir vom Affen abstammen sieht man direkt zu Beginn des Films. Der erste Teil des Films zeigt zwei verfeindete Affenstämme. Aus den Knochen eines Tieres entdeckt ein Affe nun das Werkzeug, das gleichermaßen zur Waffe gegen den anderen Affenstamm wird, um eine Wasserquelle zurückzuerobern. Hier wird Kubricks Ansatz klar, dass Gefühle und Aggressionen der Menschen auf Werkzeuge übertragen und zu Waffen werden. In einem Schnitt wird der hoch geworfene Knochen, das Werkzeug, zu einem Raumschiff, das im Weltall schwebt.7 Hier ist die Evolution deutlich zu erkennen, später im Film wird doch genau diese Evolution durch die Abschaltung HALs symbolisch widerrufen.

Freud sehe ich z. B. im Dauerschlaf, den einige Wissenschaftler eingenommen haben. Ihre Dienste werden noch nicht gebraucht und damit können Ressourcen gespart werden. Hier ist nicht nur das Unterbewusstsein außer Kontrolle, sondern körperliche Funktionen wie die Nahrungsaufnahme sind völlig ausgesetzt. Hier sehe ich keine Anzeichen für den Kampf gegen diese Entwicklung, jedoch macht sich HAL diesen Zustand zu Nutze. Er stellt die Maschinen ab und tötet die Wissenschaftler, was die nächste Kränkung einläutet und ihre Unberechenbarkeit zeigt.8

Turing entdecke ich im ganzen Film wieder, in dem der Bordcomputer seine Überlegenheit demonstriert. Des Weiteren wird hier der Kampf gegen die Maschine mit der Abschaltung HALs, auf die ich später eingehen werde, sehr deutlich.

Insgesamt könnte es ein Hinweis auf die Gefahren sein, die menschliche Entwicklungen generell mit sich bringen können.

Misstrauen – Gespräch über die Abschaltung

Als Dave und Frank nach der falschen Fehlermeldung beginnen an HAL zu zweifeln, verschanzen sie sich in einer Kapsel9 deren Ton sie abschalten. Nach mehrmaliger Prüfung, ob sie HAL hören kann, diskutieren sie, ob sie HAL im Notfall abschalten können. Hier wird erneut seine herausragende Intelligenz deutlich: Bisher hatte der Bordcomputer alle Befehle der Besatzung ausgeführt und wie ein Algorithmus gearbeitet. Auf eine Eingabe erhielt man eine Ausgabe. In dieser Szene wartet er jedoch ab, da er merkt, dass etwas nicht stimmt. An späterer Stelle im Film wird klar, dass er Lippen lesen kann und das ganze Gespräch »belauscht« hat.10

Seine Aufgabe ist es, die Mission erfolgreich zu Ende zu bringen. In seiner Programmierung scheint jedoch festgelegt worden sein, dass er nicht lügen darf. Er hat dagegen nie gelernt, dass Morden schlimmer als Lügen ist und so versucht er nun mit aller Gewalt die loszuwerden, die die Mission gefährden könnten. Er tötet Frank und die restliche Besatzung.11 Dave ist der einzige, der es schafft zu überleben. Er beschließt HAL abzuschalten.

Screenshot aus: »2001: Odyssee im Weltraum«  Abschaltung
Die AbschaltungVI

Die Abschaltung

In einer mehrminütigen, eindrücklichen und intimen Sequenz vollzieht Dave die Abschaltung.12 Er bewegt sich wortlos in das Zentrum des Computers, während HAL unaufhörlich auf ihn einredet. Zunächst versucht er auf Daves Vernunft einzuwirken. Er solle sich das nochmal überlegen, sich hinlegen und Beruhigungspillen schlucken. Im nächsten Status wird er emotionaler, er habe Angst und fürchte sich. Er ist fast schon panisch, weil er feststellt, dass es kein Zurück mehr gibt. Dave löst die Festplatten nach und nach in einem langen Prozess und gleichermaßen entwickelt sich HAL in den Zustand der Unschuld – der Kindheit – zurück. Er redet nach und nach langsamer, seine geistigen Fähigkeiten nehmen ab und er gleicht sich mehr und mehr einem Kind an. Er beginnt bis zu seinem Tod das Lied »Hänschen klein« zu singen, nachdem er zuvor noch seine grundlegenden Daten verlauten lies: »Ich bin der Computer HAL 9000, Seriennummer 3. Ich wurde am 12. Januar 1992 in der HAL-Fabrik in Urbana, Illinois, in Betrieb genommen.«

Aufklärung über die Mission

Nach der Abschaltung erscheint Dr. Floyd auf einem Bildschirm und verkündet das wahre Ziel der Mission13. Auf dem Jupiter, wohin die Reise geht, wurde bewusstes Leben gefunden. Das wusste nur HAL, was eine Erklärung für seine falsche Fehlerentdeckung sein könnte: Er durfte die Mission weder verraten, noch lügen.
Ein weiterer spannender Punkt, könnte der Hinweis auf eine 5. Revolution bzw. Kränkung der Menschheit sein: Es gibt außer uns noch weiteres Leben im Universum.

KI in der Zukunft

In »2001: Odyssee im Weltraum« wird der Wandel vom guten, netten Unterstützer zur bösen, künstlichen Intelligenz gezeigt, die sehr zielgerichtet und ohne Rücksicht auf Verluste handelt. Das könnte eine erste Kritik an der technologischen Entwicklung sein, die den Menschen als handelnde Instanz ausgrenzt und die Maschine als verlässliches Gegenüber darstellt. Nur die Maschine wusste gänzlich über die Mission Bescheid, was unterstreicht, welches Vertrauen in HAL gesteckt wurde. Des Weiteren zeigt er wie mächtig künstliche Intelligenzen tatsächlich werden können, wenn sie so zielgerichtet und vor allem selbstbestimmt handeln.

Hier sind vollständig selbstfahrende Autos ein gutes Beispiel. Die Maschinen bzw. künstlichen Intelligenzen werden in der Zukunft eventuell nicht nur für die Geschwindigkeit, Richtung oder ähnliches verantwortlich sein. Sie müssen moralische Entscheidungen treffen, sollte es zu unkontrollierten Einbrüchen ins System kommen. Sollte ein Kind beispielsweise unvorhergesehen auf die Straße rennen, muss die KI binnen Millisekunden entscheiden, ob das heranwachsende Kind oder ein 50-jähriger Fahrer wichtiger ist. Das sind alles Fragen, die auch für uns heutzutage noch sehr wichtig sind, weil wir noch lange nicht soweit sind.

Kubrick hat HALs eigentliches Geburtsjahr 1997 nicht aus dem Buch übernommen, sondern auf 1992 zurückdatiert hat, weil er dachte, dass die technologische Entwicklung im Jahr 1997 schon weiter sein wird. Obwohl wir heute, im Jahr 2016. noch immer nicht so weit sind, bleibt die große Frage, ob jemals Künstliche Intelligenz entwickelt werden kann, die den Menschen nicht nur auf logischer, sondern auch emotionaler Basis übertreffen kann.

IBM – Ableitung des Namen HAL

Abschließend eine Überlegung zum Namen »HAL«. Hierzu gibt es verschiedene Gerüchte oder Ansichten. Kubrick selbst sagte, dass der Name eine Abkürzung für »Heuristic Algorithmic« steht, während andere behaupten, es seien die Buchstaben, die im Alphabet vor I-B-M vorkommen. Diese Logik ist nicht abwegig, da IBM damals die meisten Computer stellte und das Originallied bei der Abschaltung HALs ein Lied des damaligen IBM-Computers war. Sollte es so sein, könnte eine Interpretation dafür, dass die Buchstaben vor und nicht nach IBM gewählt wurden, sein, dass die Entwicklung solch’ mächtiger Werkzeuge wie dieser Bordcomputer einen Rückschritt und eine Gefahr für die Menschheit bedeuten. Das bleibt jedoch reine Interpretationssache und wird auch nie gänzlich beantwortet werden können.

Verwertung des Vortrags

In einem nächsten Schritt soll der Vortrag innerhalb einer Hausarbeit verwertet werden. Sobald die schriftliche Ausarbeitung fertig ist, werde ich sie auf dieser Dokumentationsseite veröffentlichen.

Quellen
  1. Vgl. Kubrick, Stanley: »2001: Odyssee im Weltraum«, DVD, 133 Minuten, Vereinigtes Königreich und Vereinigte Staaten 1968 [Deutschland 2001], TC: 00:26:16–00:28:16, Mondstation Clavius.
  2. Vgl. Ebd., TC: 00:59:37–00:59:58, Mondstation Clavius.
  3. Vgl. Ebd., TC: 00:56:16–01:00:55, Die Reise zum Jupiter.
  4. Vgl. Ebd.
  5. Vgl. Ebd., TC: 01:03:22–01:04:07, Die Reise zum Jupiter.
  6. Vgl. Ebd., TC: 01:04:40–01:07:37, Die Reise zum Jupiter.
  7. Vgl. Ebd., TC: 00:18:54–00:19:10, Aufbruch der Menschheit.
  8. Vgl. Ebd., ab 01:28:32 wiederkehrend, Die Reise zum Jupiter.
  9. Vgl. Ebd., TC: 01:20:00–01:23:48, Die Reise zum Jupiter.
  10. Vgl. Ebd., TC: 01:37:30–01:38:20, Die Reise zum Jupiter.
  11. Vgl. Ebd., ab 01:28:32 wiederkehrend, Die Reise zum Jupiter.
  12. Vgl. Ebd., TC: 1:45:20–1:50:59, Die Reise zum Jupiter.
  13. Vgl. Ebd., TC: 01:50:59–01:52:16, Die Reise zum Jupiter.
Abbildungen
  1. Titelbild: Eigener Screenshot; Kubrick, Stanley: »2001: Odyssee im Weltraum«, DVD, 133 Minuten, Vereinigtes Königreich und Vereinigte Staaten 1968 [Deutschland 2001], TC: 01:56:00.
  2. Eigener Screenshot; Ebd., TC: 00:59:37.
  3. Eigener Screenshot; Ebd., TC: 00:57:08.
  4. Eigener Screenshot; Ebd., TC: 01:03:39.
  5. Eigener Screenshot; Ebd., TC: 01:04:47.
  6. Eigener Screenshot; Ebd., TC: 01:46:56.