Mögliche Wege meiner Master-Arbeit

In meiner Zwischenbesprechung mit Alain Yimbou am 28.3.2018 geht es um den aktuellen Stand meines Master-Projekts sowie um die mögliche praktische Umsetzung. Mein Thema, das den Arbeitstitel »evolution of a medium« trägt, zielt auf die kulturellen, technologischen und visuellen Veränderungen des World Wide Webs von Beginn an.

In meiner Zwischenbesprechung mit Alain Yimbou am 28.3.2018 geht es um den aktuellen Stand meines Master-Projekts sowie um die mögliche praktische Umsetzung. Mein Thema, das den Arbeitstitel »evolution of a medium« trägt, zielt auf die kulturellen, technologischen und visuellen Veränderungen des World Wide Webs von Beginn an.

Mögliche Inhalte

Kulturell sind für mich die Verformung der Gesellschaft, die Auflösung geographischer Grenzen, die Infosphäre, die Neuordnung von Raum und Zeit sowie das Web als Abbild der Kultur interessant. Technologisch könnte man das Web als jeweiligen Prototype der nächsten Entwicklung sehen. Zudem ist die Technologie als Motor und Lösung spannend für mich. Entwicklungen im Frontend, wie beispielsweise die Erstellung von Web-Layouts mit Tabellen, Floats, Flexbox oder CSS Grid gehören dabei fast schon in den visuellen Bereich.

Während kulturelle und technologische Aspekte vielmehr eine Nebenrolle spielen werden, steht vor allen Dingen der visuelle Part im Vordergrund. Nachdem das Web anfänglich mit seinen sehr gegenständlichen UI-Elementen eher eine Übersetzung der materiellen Welt war, evolviert es zunehmend zu einem eigenen Medium. Weiter halte ich den Verlauf von einer »No-Layout-Ära« hin zu sehr statischen Layouts und zurück zu fluiden Umsetzungen für sehr wichtig. Auch hier ist zu sehen, dass sich das Web zunächst sehr am Printbereich orientiert hat, um sich dann als eigenes Medium zu etablieren. Die Veränderung der grafischen Benutzeroberflächen, basierend auf kulturellen Lernprozessen und technologischem Fortschritt, ist ein weiterer essenzieller Bestandteil.

Theoretischer Teil

In meinem theoretischen Part möchte ich mich neben der historischen Entwicklung des World Wide Webs und grafischer Benutzeroberflächen mit Informationssystemen, medientheoretischen Inhalten sowie allgemeinen Konzepten des World Wide Webs auseinandersetzen. Dieser Bereich bietet zwar nur oberflächliche Einblicke, hilft mir jedoch zur Orientierung und zur Erfassung des Gesamtkontexts.
Im Bereich der Informationssysteme werde ich mich unter anderem mit Paul Outlet, Vannevar Bushs Memex, J.C.R. Licklider, Ted Nelson, Doug Engelbart und Bill Atkinsons HyperCard beschäftigten. Im medientheoretischen Teil möchte ich Einblicke in die Theorien von Marshall McLuhan, Vilem Flusser, Luciano Floridi, Byung-Chul Han oder Felix Stalder geben. Hier muss eine weitere Auswahl oder Erweiterung zeigen, welche Inhalte tatsächlich relevant für meine Arbeit sein werden. Im allgemeinen könnten Konzepte wie z. B. das von Linked Open Data bereichernd sein.

Praktische Ansätze

In welche exakte Richtung mein praktisches Projekt gehen könnte, ist momentan noch unklar. Für ein spannendes Detail halte ich die zeitliche Einordnung. In diesem Jahr wird das freie World Wide Web 25 Jahre alt und das erste Proposal jährt sich im kommenden Jahr zum 30. Mal. Ich kann mir sowohl eine Ausstellung im World Wide Web als auch im realen Raum vorstellen, wobei wir die ausschließliche Präsentation im Web während des Gesprächs ausgeschlossen haben. Um die digitalen Ergebnisse physisch greifbarer zu machen, macht es durchaus Sinn eine Exposition im realen Raum zu entwickeln. Wie die finale Umsetzung aussehen könnte, muss sich allerdings während meiner weiteren Arbeit herauskristallisieren.

Wie in meinem Beitrag »evolution of a medium« schon ausgeführt, kann ich mir vorstellen, eigene Räume zu bauen und Elemente des Webs, wie beispielsweise den berühmten Sternenhimmel oder MIDI-Sound, ins Analoge zu transportieren. Weiter wäre die Übersetzung von UI-Elementen mithilfe von 3D-Druck denkbar. Im vergangenen Beitrag beschreibe ich mögliche weitere Komponenten, welche ich an dieser Stelle nicht weiter ausführen möchte.

Ausblick

Meine Arbeit könnte Fragen nach zukünftigen Veränderungen beinhalten. Sowie der Einsatz von Natural User Interfaces vieles in der Gestaltung verändert hat, gehe ich davon aus, dass Conversational User Interfaces, Voice Interfaces oder dergleichen massive Auswirkungen auf grafische Benutzeroberflächen haben werden. Auch das Konzept von Linked Open Data beziehungsweise die generelle – auch automatisierte – Darstellung von Informationen wird sicher noch viele, neue Herausforderungen für Gestalter mit sich bringen.
Vor allem die neueren Formen von Interfaces als auch die Verwendung von Technologien wie Eye-Tracking und Augmented oder Virtual Reality, könnten aus meiner Sicht die Auflösung aktueller Formen von grafischen Benutzeroberflächen mit sich bringen.

Inspirierende Projekte

Abschließend habe ich inspirierende Projekte zusammengefasst, welche ich innerhalb meiner Master-Dokumentation behandelt habe. Dazu gehört »Once Upon« von Olia Lialina und Dragan Espenschied, welche im Jahr 2011 soziale Netzwerke mit den technologischen Möglichkeiten von 1997 nachbauten. Weiter inspiriert mich von den beiden Netzkünstlern »One Terabyte of Kilobyte Age«, welches ein Archiv von geocities-Seiten darstellt, die kurz vor Schließung des Dienstes gesichert wurden. Bei beiden gefällt mir vor allen Dingen die visuelle Komponente, welche die visuelle Ästhetik der 90er Jahre widerspiegelt. »Grosse Fatigue« stellt für mich eine großartige, poetische Form dar, ein Thema zu behandeln. Eine beeindruckende Verbindung zwischen theoretischen Inhalten und visueller Darbietung sehe ich zudem in den Projekten »In Pieces« von Bryan James, »Pulse« von Markus Kison und »Laws of UX« von Jon Yablonski.

Für meine Abschlussarbeit möchte ich eine visuelle Form finden, welche die Inhalte direkt und ohne Umschweife kommuniziert und die Ästhetik des Webs gleichermaßen mit aufnimmt.

(Un-)Menschlickeit im digitalen Mittelalter

Der Film »Lo and Behold – Wovon träumt das Internet?« des Regisseurs Werner Herzog geht in seinen zehn Kapiteln der Geschichte des Internets und dessen Auswirkungen auf unsere Gesellschaft nach. In Gesprächen werden beispielsweise »Die Herrlichkeit des Netzes«, »Die dunkle Seite«, »Internet auf dem Mars« oder die Zukunft des Netzes thematisiert. Gesprächspartner sind dabei Leonard Kleinrock, Elon Musk, Sebastian Thrun sowie viele weitere wichtige Protagonisten dessen tägliche Arbeit vom Internet bestimmt wird oder deren Leben durch das Netz massiv verändert wurde.

Der Film »Lo and Behold – Wovon träumt das Internet?« des Regisseurs Werner Herzog geht in seinen zehn Kapiteln der Geschichte des Internets und dessen Auswirkungen auf unsere Gesellschaft nach. In Gesprächen werden beispielsweise »Die Herrlichkeit des Netzes«, »Die dunkle Seite«, »Internet auf dem Mars« oder die Zukunft des Netzes thematisiert. Gesprächspartner sind dabei Leonard Kleinrock, Elon Musk, Sebastian Thrun sowie viele weitere wichtige Protagonisten dessen tägliche Arbeit vom Internet bestimmt wird oder deren Leben durch das Netz massiv verändert wurde. Wie in meiner Dokumentation üblich, möchte ich keine Filmrezension schreiben, sondern lediglich die wichtigen Punkte herauspicken. Vor allem die Kapitel »Künstliche Intelligenz« und »Das Internet des Ichs« sind dabei spannend für mich.

In ersterem prophezeit Sebastian Thrun, dass wir an einen Punkt kommen werden, an dem fast alles von Maschinen übernommen werden kann und dass sie das meiste besser als wir Menschen können. Das liegt unter anderem daran, dass Maschinen sehr viel schneller lernen.1 Zudem erklärt er schon zuvor, dass die Fehler, die selbstfahrende Autos machen, sofort mit anderen – auch »ungeborenen« – Autos geteilt werden. Dadurch wird dieser Fehler niemals wiederholt, was ein enormer Vorteil gegenüber menschlichen Fahrern ist.2

Theologische Revolution

Solche grundlegenden Veränderungen, die durch das Internet und die Maschinen, die für uns denken, einhergehen, benötigen laut Computerwissenschaftler Danny Hillis eine Veränderung unserer Moral. Wir müssten über die Definition, was menschlich sein wirklich bedeutet, nachdenken und er sagt eine theologische Revolution voraus. Wir ergründen und entwickeln eine neue Gesellschaft sowie neue Ideen darüber, was richtig und falsch ist. Er sieht die momentane Zeit zudem als eine unglaublich kreative Zeit in der Menschheitsgeschichte – nicht nur technologisch, sondern auch moralisch und kulturell.3 Dieser Gedanke ist dem Luciano Floridis, der von einer neuen Informationsphilosophie spricht, sehr nahe. Auch er ist der Meinung, dass die Entwicklung einer neuen Philosophie notwendig ist, um dem rasanten Wandel, dem unsere Zeit unterliegt, gerecht zu werden.

Das digitale Mittelalter

Der Computerwissenschaftler sieht eine weitere Entwicklung, die den Gedanken Floridis sehr ähnlich ist. Während der Informationsphilosoph es als »Digitalen Gedächtnisverlust« formuliert (Die Hypergeschichte »), spricht Hillis vom »Digitalen Mittelalter«. Seinen Beobachtungen nach passieren heutzutage viele Dinge deren Hintergründe später nicht mehr nachvollziehbar sind. Während es noch handschriftliche Briefe der Gründerväter der USA gibt, wird heute vieles per E-Mail geklärt. Diese Unterhaltungen vorweg werden höchstwahrscheinlich also nicht mehr rekonstruierbar sein und verloren gehen.4 Während die Ausführung beider ziemlich unterschiedlich sind, entsprechen sie sich im Kern doch sehr. Im Grunde geht es bei beiden um eine nicht vorhandene oder verlorene Historie, welche es den Generationen nach uns sehr schwierig machen wird, die Hintergründe zu verstehen.

Das unsichtbare Internet

Während meines Researchs beschäftigt mich immer wieder das Verschwinden von Schnittstellen. Technologie wird zunehmend unsichtbar und rückt in den Hintergrund. Der Internetpionier Leonard Kleinrock erläutert im Film, dass ein Raum wissen müsste, wenn man da ist. Er spricht von Voice User Interfaces, so dass man mit der Technologie kommunizieren kann, welche wiederum mit Sprache, einem Hologram oder einem Display auf natürliche Weise antworten kann. Auch Gesten, Berührungen oder sogar das Miteinbeziehen des Geruchssinns hält er für möglich. Er vergleicht sie dabei mit der Elektrizität, welche einfach unsichtbar in unseren Wänden eingelassen ist. Zu dieser Unsichtbarkeit müsste sich das Internet jedoch noch entwickeln.5 Ähnlich sieht das der Sicherheitsanalytiker Sam Curry, welcher von Räumen spricht, in denen das Licht nach eigenen Vorlieben gedimmt oder die Musik angeschaltet wird, wenn man den Raum betritt.6 Vor allem der letzte Ansatz eines Smart Homes, ist heutzutage teilweise schon möglich. So können beispielsweise HUE-Lampen eingeschaltet werden, sobald sich das Smartphone mit dem W-LAN verbindet oder Lampen von z. B. Trilux je nach Tageslicht gesteuert werden.

Abschließend liefert mir der Film »Lo and Behold – Wovon träumt das Internet?« leider kaum neue Erkenntnisse oder Ansätze, welche ich für meine Master-Arbeit verwenden kann. Die interessanten Gedanken habe ich hier für mich zusammengefasst, jedoch habe ich vor allem im Hinblick darauf, dass Elon Musk oder Ted Nelson Teil des Films sind, mehr erwartet.

Quellen
  1. Vgl. Herzog, Werner: »Lo and Behold – Wovon träumt das Internet?«, 98 Minuten, Vereinigte Staaten 2016 [Deutschland 2017], TC: 01:23:30–01:24:22, VIII. Künstliche Intelligenz.
  2. Vgl. Ebd., TC: 00:34:56–00:36:18, II. Die Herrlichkeit des Netzes.
  3. Vgl. Ebd., TC: 01:24:23–01:25:08, VIII. Künstliche Intelligenz.
  4. Vgl. Ebd., TC: 01:29:46–01:30:20, IX. Das Internet des Ichs.
  5. Vgl. Ebd., TC: 01:26:17–01:27:20, IX. Das Internet des Ich.
  6. Vgl. Ebd., TC: 01:27:20–01:28:28, IX. Das Internet des Ich.

Punkt.

Bei meiner Auseinandersetzung mit Informationssystemen, Hypermedia sowie der Entwicklung des Internets stoße ich regelmäßig auf neue Namen, welche im Vorfeld des World Wide Webs richtungsweisende Konzepte und Arbeiten entwickelten. Mit manchen von ihnen habe ich mich bereits während meiner Recherche beschäftigt, andere muss ich leider bewusst außen vor lassen, um mich auf die wesentlichen Punkte meiner Arbeit zu konzentrieren.

Bei meiner Auseinandersetzung mit Informationssystemen, Hypermedia sowie der Entwicklung des Internets stoße ich regelmäßig auf neue Namen, welche im Vorfeld des World Wide Webs richtungsweisende Konzepte und Arbeiten entwickelten. Darunter einige mir bis dahin unbekannte, wie beispielsweise Andries van Dam, Eugene Garfield, Wendy Hall oder Ada Lovelace, sowie in der Allgemeinheit sicherlich bekanntere, wie Charles Babbage, Gottfried Wilhelm Leibniz, Ted Nelson, Alan Mathison Turing oder Konrad Zuse.

Die Namen stehen für die unterschiedlichsten Erfindungen: für Rechenmaschinen, den ersten Algorithmus, Hypermedia-Systeme oder Theorien über Computerentwicklung und Informatik. Die meisten haben jedoch eines gemeinsam: Sie sind thematisch zu weit von meinem Thema weg. Mit manchen von ihnen habe ich mich bereits während meiner Recherche beschäftigt, andere muss ich leider bewusst außen vor lassen, um mich auf die wesentlichen Punkte meiner Arbeit zu konzentrieren.

Hypertext Editing System Console Brown University 1969
Das Hypertext Editing System von Ted Nelson und Andries van Dam in Zusammenarbeit mit Studenten der Brown UniversityI
Photograph of Eugene Garfield, recipient of the 2007 Richard J. Bolte Sr. Award, at Heritage Day, May 9, 2007, at the Chemical Heritage Foundation.
Eugene Garfield, Erfinder des »Science Citation Index« (SCI) sowie »Journal Impact Factor«. Diese Gewichtung von Zitationszusammenhängen bildet die Basis des heutigen Google PageRanks.II
Wendy Hall
Wendy Hall entwickelte das Hypermedia-System »Microcosm«, welches sich vor allen Dingen durch die dynamische Verlinkung von Informationen basierend auf Inhalten, dem Kontext und Metadaten auszeichnet.III
Ada Lovelace
Ada Lovelace gilt als erste Programmiererin. Sie schrieb 1843 den ersten Algorithmus und veröffentlichte ein Programm für Charles Babbages nie vollendeten, mechanischen Computer »Analytical Engine«.
Charles Babbage | Analytical Engine
Charles Babbage entwarf den unfertigen, mechanischen Computer »Analytical Engine«. Sie stellt eine Rechenmaschine für allgemeine Anwendungen dar.IV
Rechenmaschine Gottfried Wilhelm Leibniz
Gottfried Wilhelm Leibniz erfand eine Rechenmaschine, welche die vier Grundrechenarten beherrscht.V
Ted Nelson – Xanadu
Ted Nelson prägt 1965 den Begriff Hypertext und schrieb von literarischen Maschinen, welche dem Menschen ermöglichen sollen, Informationen niederzuschreiben und zu publizieren. Seine wahrscheinlich bekannteste Arbeit ist das Hypertext-Projekt Xanadu, welches 1960 seinen Anfang nahm.VI
Alan Turing
Alan Turing führte 1963 die Turingmaschine ein, welches ein wichtiges Rechnermodell der theoretischen Informatik ist. Der Turing-Test gilt als Probe für den Nachweis künstlicher Intelligenz und die 4. Revolution wird Turing-Revolution genannt. Spätestens seit dem Film »Imitation Game« dürfte er weitestgehend bekannt sein.VII
Konrad Zuse Z3
Mit dem Z3 entwickelte Konrad Zuse den ersten funktionstüchtigen, vollautomatischen, programmgesteuerten und frei programmierbaren Digitalrechner. Er gilt damit als Erfinder des Computers.VIII
Abbildungen
  1. Lloyd, Gregory: »Photo of the Hypertext Editing System (HES) console in use at Brown University«, Stand: Oktober 1969, via Wikimedia Commons, abgerufen am 30.9.2017, Lizenz: CC BY 2.0.
  2. Science History Institute: »Photograph of Eugene Garfield, recipient of the 2007 Richard J. Bolte Sr. Award, at Heritage Day, May 9, 2007, at the Chemical Heritage Foundation.«, Stand: 9.5.2007, via Wikimedia Commons, abgerufen am 26.1.2017, Lizenz: CC BY-SA 3.0.
  3. Mabbett, Andy: »Wendy Hall at the Wikipedia Science Conference, London 2/3 September 2015«, Stand: 2.9.2015, via Wikimedia Commons, abgerufen am 13.12.2017, Lizenz: CC BY-SA 4.0.
  4. Science Museum London/Science and Society Picture Library: »Babbages Analytical Engine, 1834-1871«, Stand: 28.8.2013, via Wikimedia Commons, abgerufen am 13.12.2017, Lizenz: CC BY-SA 2.0.
  5. Museum Herrenhausen Palace: »Leibniz‘ Vier-Spezies-Rechenmaschine – Original, um 1690«, Stand: 7.9.2013, via Wikimedia Commons, abgerufen am 13.12.2017, Lizenz: CC BY 3.0.
  6. Unbekannt: »Mockup of transpointing windows, closeup view, 1972«, URL: http://www.xanadu.com.au/ted/XUsurvey/xuDation.html, abgerufen am 23.10.2017.
  7. Yates, Tom: »Bombe – Rebuild«, Stand: 17.4.2014, via Wikimedia Commons, abgerufen am 13.12.2017, Lizenz: CC BY-SA 3.0.
  8. Venusianer, Wikipedia Deutschland: »Nachbau der Zuse Z3 im Deutschen Museum in München«, Stand: 20.9.2006, via Wikimedia Commons, abgerufen am 13.12.2017, Lizenz: CC BY-SA 3.0.

Tim Berners-Lee über das World Wide Web

Im Gespräch mit Barbara Bleisch spricht Tim Berners-Lee in Sternstunde Philosophie über seine Erfindung, das World Wide Web. Dabei kommen Themen wie beispielsweise Linked Open Data, die World Wide Web Foundation, die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine oder künstliche Intelligenz zur Sprache.

Im Gespräch mit Barbara Bleisch spricht Tim Berners-Lee in Sternstunde Philosophie über seine Erfindung, das World Wide Web. Dabei kommen Themen wie beispielsweise Linked Open Data, die World Wide Web Foundation, die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine oder künstliche Intelligenz zur Sprache.

Eine gewaltige kulturelle Veränderung sieht der Begründer darin, dass Gruppen und Kulturen im World Wide Web von der Leidenschaft der Menschen bestimmt werden.1 Um diese durchbrochenen Barrieren vollständig zu nutzen, müssen wir laut ihm lernen, die neu gewonnene Freiheit zu nutzen. Er bewirbt dabei sein Konzept von Linked Open Data, indem er auf die Zusammenarbeit von Wissenschaftlern hinweist, die sich großen Herausforderungen wie die Bekämpfung von Krebs oder Alzheimer annehmen. Er sieht das Web als vernetzte Menschheit und wenn man in das Netz schaut, sieht man die Menschheit von ihrer guten sowie von ihrer schlechten Seite.2 Zudem ist er überzeugt davon, dass die Leute heutzutage »nicht mehr nur zum Spaß surfen, sondern es benutzen. Sie wissen, dass es riesig ist und kennen die Orte, die sie im Web mögen«3.

Die Erschließung des Planeten

Die Gründung der World Wide Web Foundation im Jahr 2008 basiert auf dem Wunsch, dass das Internet der Menschheit besser dienen soll. Ein wichtiges Ziel war die Verbreitung voranzubringen, da bei Aufnahme ihrer Arbeit erst 10, 15 % der Menschen Zugang zum Web hatten. Zur Zeit des Gesprächs (2015) waren immerhin schon 40 % versorgt,4 was ich noch immer als überraschend wenig empfinde. Er vermutet, dass in den kommenden 1–2 Jahre die 50 %-Marke überstiegen wird5 und durch eine kurze Recherche glaube ich, dass die Marke zurzeit geknackt werden dürfte.

Die Tatsache, dass nur etwa die Hälfte der Menschheit das World Wide Web nutzen kann, wirft bei mir unterschiedliche Gedanken auf. Zum einen wird es in seiner inhaltlichen Masse noch einmal enorm wachsen. Zudem bin ich gespannt, welche kulturelle Veränderungen vollzogen werden, wenn neben der entwickelten Welt andere Stimmen hörbar werden. Des Weiteren wird die Vernetzung mit der restlichen Welt sicherlich sehr viele neue Möglichkeiten eröffnen und einen enormen Fortschritt bedeuten.

Von der Künstlichen Intelligenz überholt

Tim Berners-Lee war schon immer darauf aus, Maschinen in sein System einzubinden. Er ist sich sicher, dass es sehr aufregend wird, wenn es ein gutes Datennetz gibt, welches Unmengen an Maschinen dazu bringen kann miteinander zu sprechen. Sie können dazulernen und verstehen wie die Welt funktioniert. Er ist überzeugt davon, dass wir ein Netz errichten müssen, in dem sich Mensch und Maschine die Aufgaben je nach Kompetenz teilen. Maschinen werden den schweren und die Menschen z. B. den kreativen Part übernehmen.6

Weiter sollten wir darauf gefasst sein, dass die künstliche Intelligenz so schlau wird wie wir Menschen. Früher konnte man sich nicht vorstellen, dass Computer Autos fahren oder Schach spielen. Beides ist nun der Fall und ähnlich ungläubig sind wir heutzutage, was die zukünftige Entwicklung der KI betrifft. Daher fordert er dazu auf, sich schon jetzt Gedanken zu machen, für den Zeitpunkt, wenn dieser Fall eintritt.7 Luciano Floridi sieht in dieser Turing-Revolution die 4. Revolution nach Kopernikus, Darwin und Freud. Er siedelt diese jedoch schon bei Turing an, da der Computer den Menschen schon längst z. B. in der logischen Informationsverarbeitung übersteigt.

Vorangegangene Entwicklungen

Als spannende vorherige Erfindungen nennt der Erfinder des Webs die Bulletin Boards, in die man sich mithilfe des Telefonhörers und einem Modem einwählen konnte. Außerdem erwähnt er Doug Engelbert und Vannevar Bush. Engelbert hatte das Internet nie namentlich erwähnt, sei aber durch die Idee Hypertext zu verwenden, Nachrichten zu versenden und Dinge zu verlinken, konzeptionell sehr nah dran. Bushs Idee der Memex erläutert Berners-Lee sehr praktisch. Memex wäre ein Tisch gewesen, an dem man Mikrofilme hätte lesen können. Am Ende wäre eine Verlinkung zum nächsten und durch einen Knopfdruck wäre ein ganzes mechanisches System in Bewegung gekommen und die Memex hätte einen vom einen zum nächsten Mikrofilm gebracht. Zudem hatte er die Idee Wissenschaftlern Zugang zum Human Record zu erleichtern. Das sind die Aufzeichnungen alldessen, was wir entdeckt haben. Zwar war seine Vision ohne tatsächliche Verwendung von elektronischen Computern, Berners-Lee ist sich aber sicher, dass er sich für die Forschung interessiert hätte.8

Utopische Räume

Einen sehr interessanten Ansatz lässt sich gegen Ende des Gesprächs finden. Auf die Frage, ob er seine Erfindung im Zusammenhang mit Problemen wie Datenschutz, Klimawandel, etc. sieht, hat er einen aus meiner Sicht sehr speziellen und guten Ansatz.
Er ist nicht der Meinung, dass das etwas mit utopischen Räumen zu tun hat. Solche Themen werden in einem wissenschaftlichen Umfeld diskutiert und in diesem Zusammenhang ist es wichtig, unsinnige Ideen von den guten zu trennen, um keine Zeit zu verlieren. Umso wichtiger ist es, dass Stimmen nach oben durchdringen, wenn tatsächlich ein Problem entdeckt wird. Er ist der Meinung, dass wir Systeme entwickeln, die nach Regeln funktionieren und keine utopischen Räume sind. Er ist sich sicher, dass man mit Hilfe von Auswahlsystemen diejenigen Menschen finden kann, welchen wir die richtigen Entscheidungen zutrauen und deren Stimmen wir vertrauen.9

Diese Überlegung finde ich insofern spannend, dass ich überzeugt davon bin, dass sich kompetentere Menschen finden lassen als diejenigen, die tatsächlich die Gesetze verabschieden. Nicht weil diese generell inkompetent sind, sondern weil sie sicher andere Schwerpunkte haben. John Perry Barlow bringt es so auf den Punkt, dass Menschen innerhalb der Regierung unter anderen Umständen geformt worden sind als die Leute, die die meiste Zeit virtuell verbringen. Wie soll jemand, der sich sonst für völlig andere Dinge einsetzt plötzlich entscheiden, ob irgendwelche Algorithmen so verwendet werden können, wie sie sind? Wie soll man ihnen Entscheidungen über das Land überlassen, wenn man vor der Entscheidung erst einmal die Technologie erklären muss? Hier wäre ein Zusammenschluss von wirklichen Experten, die sich tagtäglich unabhängig davon im World Wide Web bewegen, sehr sinnvoll.

Das und viele weitere Fragen tauchen regelmäßig auf, wenn ich mich mit der Arbeit und den Visionen von Tim Berners-Lee auseinandersetze. Erneut war dieses Gespräch sehr inspirierend, da es zum einen neue Gedankengänge öffnet und bei anderen Gedanken für Klarheit sorgt.

Quellen
  1. Vgl. Berners-Lee, Tim, Das Weltrettungsforum, dem nichts heilig ist.: »Tim Berners Lee – Der Erfinder des Internets (Sternstunde Philosophie)«, Stand: 30.8.2015, URL: https://www.youtube.com/watch?v=1uErJzcr3fU, TC: 00:15:41–00:16:21, abgerufen am 8.7.2017.
  2. Vgl. Ebd., TC: 00:16:56–00:18:22.
  3. Ebd., TC: 00:40:57–00:41:08.
  4. Vgl. Ebd., TC: 00:20:47–00:21:38.
  5. Vgl. Ebd.
  6. Vgl. Ebd., TC: 00:31:22–00:32:55.
  7. Vgl. Ebd., TC: 00:52:06–00:53:18.
  8. Vgl. Ebd., TC: 00:43:37–00:45:28.
  9. Vgl. Ebd., TC: 00:48:30–00:49:35.

Evolution der Webästhetik

Nach wie vor interessiere ich mich sehr für die Webästhetik der 90er Jahre – den Anfängen des World Wide Webs. Daher möchte ich mich mit der Ästhetik der einzelnen Jahre auseinandersetzen. In Frage kommen dabei zum einen Webseiten, die heutzutage populär sind, sowie Plattformen, die früh gegründet wurden und dadurch immerhin teilweise verwertbares Material liefern. Bei meiner Arbeit ist mir dabei nicht nur die Ästhetik der 90er Jahre wichtig, sondern wie sie sich – z.B. technisch und kulturell bedingt – verändert hat.

Nach wie vor interessiere ich mich sehr für die Webästhetik der 90er Jahre – den Anfängen des World Wide Webs. Daher möchte ich mich mit der Ästhetik der einzelnen Jahre auseinandersetzen. In Frage kommen dabei zum einen Webseiten, die heutzutage populär sind, sowie Plattformen, die früh gegründet wurden und dadurch immerhin teilweise verwertbares Material liefern. So wurde Facebook beispielsweise erst im Jahr 2004 gegründet, ist jedoch aus der heutigen Welt nicht mehr wegzudenken.

Wie bei meiner begonnen »Web-Analyse« bildet die Grundlage die Wayback Machine von archive.org ». Durch erste Recherchen vermute ich, dass sich nicht allzuviel Material von vor 1995 finden lässt. Im gleichen Zuge möchte ich mich meine eigenen Webseiten von geocities ausfindig machen. Hier hoffe ich auf das Projekt »One Terabyte of Kilobyte Age«.

Bei meiner Arbeit ist mir dabei nicht nur die Ästhetik der 90er Jahre wichtig, sondern wie sie sich – z. B. technisch und kulturell bedingt – verändert hat. Als ersten Schritt möchte ich eine Sammlung sämtlicher UI-Elemente erstellen, um auf dieser Grundlage weiter zu forschen.

Ursprung der Codes: Die gesprochene Sprache

Die westliche Kultur befindet sich im großen Umbruch, ausgelöst durch die Fortschritte der Technologie. Veränderte Koden, verändern unsere Art zu denken grundlegend. Wie sieht die Zukunft aus?

In meinen vorherigen Beiträgen »Das globale Dorf – Raum, Zeit und Dynamik« sowie »Von der Kultur, die statisch wurde« setzte ich mich bereits mit der Tatsache auseinander, dass die Linearität das Denken in unserem Kulturkreis maßgeblich beeinflusst hat. Meine abschließende Erkenntnis war die, dass sich diese Linearität aufzulösen scheint und unsere Lebenswelt weniger festgezurrt und dynamischer wird.
Sicher wird die Zukunft unserer Kultur durchweg von Algorithmen bestimmt, die sehr wohl eindeutig sind. Jedoch wird das Denken des Menschen sehr viel flexibler sein und grundlegend verändert werden.

Vilém Flusser bringt in Bezug darauf beispielsweise vor, dass wir »nicht mehr Daten zu lernen haben, sondern das zweckmäßige Speichern, Abberufen und Variieren von Daten. Nicht mehr das Repertoire, sondern die Struktur von Systemen. Dieses Prozessieren von Daten, das bisher von der Notwendigkeit der Datenerwerbung gebremst war, heißt ›Kreativität‹, und es ist daher mit einer wahren Explosion der menschlichen Kreativität zu rechnen«1.

Dieser Ansatz Flussers ist vor 30 Jahren schätzungsweise revolutionär, heute im Jahr 2017 sind wir schon mitten im Umbruch. Die Denkweise in unserem Kulturkreis wird bereits auf das Verstehen von Strukturen getrimmt, während wir wissen, dass wir beispielsweise nichts mehr zwingend auswendig lernen müssen. Alles ist abrufbar, die Suchmaschine Google ist nur ein beispielhaftes Werkzeug hierfür. Man muss nicht mehr die Information selbst kennen, es genügt zu wissen, wie wir sie abrufen können. Diesen Ansatz habe ich bereits in diversen Beiträgen verfolgt und halte ihn nach wie vor für eine der grundlegendsten Veränderung unserer Zeit. Dieser Fortschritt der Technologie, unterstützt weiter die Aussage Flussers, dass jede Revolution technisch ist.2 Nicht irgendeine Ideologie, sondern die Technik veränderte unsere Lebenswelt und unser Denken in den letzten Jahrzehnten entscheidend.

Eine weitere maßgebliche Veränderung wird laut Flusser durch die Veränderung der Koden ausgelöst: »Die Veränderung wäre tiefgreifend, weil unser Denken, Fühlen, Wünschen und Handeln, ja sogar unser Wahrnehmen und Vorstellen, in hohem Grad von der Struktur jenes Codes geformt werden, in welchem wir die Welt und uns selbst erfahren. Wir sind ›westliche Menschen‹, weil unsere ›forma mentis‹ von der Linearität des alphanumerischen Codes ausgebildet wurde. Sollten unsere Kinder und Enkel die Welt und sich selbst mittels anders strukturierter Codes (etwa mittels technischer Bilder wie Fotos, Filme und Fernsehen, und mittels Digitalisation) erfahren, dann wären sie anders in der Welt als wir es sind, und als es unsere Vorfahren waren«3. Dieser Aussage möchte ich ein weiteres Zitat zur Auseinandersetzung hinzufügen: »Nun verfügen wir, seit Urzeiten, über einen Code, nämlich über die gesprochene Sprache, welcher diese Aufgabe leistet«4.

Koden dienen grundsätzlich der Kommunikation, aus meiner Sicht unabhängig davon, ob zwischen Menschen oder Menschen und Maschinen. In »Conversational User Interfaces« und »Natural User Interfaces – Die unsichtbaren Schnittstellen« sehe ich daher Ansätze, die seine Denkweise nicht nur bestätigen, sondern weit darüber hinaus gehen. Zudem werden Voice User Interfaces (VUI) immer populärer. Mit VUIs erhalten wir meiner Ansicht nach nicht nur eine zusätzliche Art der Mensch-Maschine-Kommunikation, sondern wir kommen zurück zum ursprünglichen Code – der gesprochenen Sprache.
Insgesamt drängt sich mir hier die Frage auf, wie zukünftige User Interfaces aussehen könnten, wenn sie denn überhaupt noch »aussehen«. Amazons Alexa oder Apples Siri sind nur zwei Beispiele für ein sprachgesteuertes Gerät bzw. sprachgesteuerten Assistenten. Während Siri auch visuell reagiert, existiert Alexa ausschließlich auf der auditiven Ebene. Unter dem Strich können Alexa und Siri alle Fragen gestellt werden.
Mein Problem damit ist momentan noch das, dass ich mir nicht vorstellen kann, wie eine Welt basierend auf Audio Interfaces aussehen könnte. Nach meinem Verständnis müsste man zumindest wissen, welche Informationen vorhanden sind, um die entsprechende Antwort zu erhalten. Ein reines Stöbern oder zufälliges auf Informationen stoßen wären damit ausgeschlossen. Daher stellt sich die nächste Frage, inwiefern Audio Interfaces tatsächlich andere Interfaces ersetzen und ob sie nur als zusätzliche Variante dienen könnten.

Quellen
  1. Röller, Nils; Wagnermaier, Silvia (Alle Hg.): »absolute Vilém Flusser«, Freiburg 2003, S. 171.
  2. Vgl. Ebd., S. 157.
  3. Ebd., S. 71.
  4. Ebd., S. 74.
Abbildungen
  1. Titelbild: Lecourt, Pierre: »Amazon Echo«, abgerufen am 7.11.2016, Lizenz: CC BY-NC-SA 2.0.

Neuer Raum – neue Zeit: Neu denken

Das Digitale definiert räumliche und zeitliche Gegebenheiten nicht nur neu, sondern stellt sie gänzlich auf den Kopf. Eine einfache Übertragung von Nicht-Virtuellem ins Virtuelle erfüllt dabei nicht alle Ansprüche. Die Virtuelle Welt muss neu erdacht werden.

In meinem Beitrag »Das globale Dorf – Raum, Zeit und Dynamik« ging es im Zusammenhang mit Marshall McLuhan bereits um die Auflösung von Raum und Zeit. Dort gehe ich schon im Detail auf seine Ausführungen ein.

Nach wie vor fällt es mir schwer, die im orientalischen und asiatischen Raum vorherrschende Denkweise nachzuvollziehen. Während ich als abendländischer und sequentiell denkender Mensch, Information strukturell einordne, führt die Prägung durch die rechte Gehirnhälfte dazu, dass dort Geschehnisse und Prozesse in gleichzeitige Beziehung gesetzt werden.

Zwar war mir durch McLuhan damals schon klar, dass Information unabhängig von Raum und Zeit transportiert werden kann und sich dadurch beide auflösen. Das Buch »Kultur der Digitalität« von Felix Stalder lässt mich jedoch erst jetzt verstehen, inwiefern sich die abendländische Denkweise an die asiatische anpassen wird und was die Auflösung von Zeit und Raum bedeuten kann.

Wörtlich schreibt Felix Stadler folgendes: »Der raumzeitliche Horizont der digitalen Kommunikation ist eine globale, das heißt ortlose Dauergegenwart. Die technische Vision der digitalen Kommunikation ist immer das Hier und Jetzt. Bei verzögerungsloser Informationsübertragung ist alles, was nicht ›hier‹ ist, unerreichbar und alles, was nicht ›jetzt‹ ist, verschwunden«1. Des Weiteren beschreibt er, dass versucht wird eine »endlose globale Gegenwart« herzustellen.2

Diesen Absatz finde ich in zweierlei Hinsicht sehr spannend. Zum einen macht es mir wie bereits erwähnt verständlicher, was die Auflösung von Zeit und Raum bedeuten kann: Zeitliche und räumliche Grenzen werden binnen Millisekunden überwunden, was unserer gewohnten Welt und Physis widerspricht. Zwar bewegen wir uns immer schneller fort, doch die Vision des Beamens, spricht einer ähnlich schnellen Überwindung von Zeit und Raum innerhalb von Millisekunden, bleibt bisher nur eine große Sci-Fi-Utopie.
Zum anderen besteht das Internet aus dem Hier und Jetzt. Neben Stalders genannten Punkten bedeutet das: Vergangene Inhalte spiegeln zwar bedingt eine zeitliche Abfolge wider, aber durch den digitalen Gedächtnisverlust – mit dem ich mich näher in »Die Hypergeschichte« auseinandersetze – bedeutet das nicht zwingend, dass das Internet eine geschichtliche Abfolge anzeigt. Im Gegenteil: Durch Datenverlust (sei es durch Löschung oder Nichtüberführung in neue Technologien), Überspeicherung und Veränderung tritt ein Zustand der Geschichtslosigkeit sowie eine immer währende Gegenwart ein. Im Gegensatz zu meiner damaligen Vermutung bin ich nun überzeugt davon, dass nachfolgende Generationen durchaus eine gewisse geschichtliche Abfolge nachvollziehen können. Damit große Ereignisse und allgemeine Errungenschaften einfach so verloren gehen, müsste sehr viel passieren. Für viel problematischer halte ich es jedoch zwischenzeitlich für Inhalte, die nicht von allgemeiner Wichtigkeit sind. Unabhängig von Content-Art, sei es Firmen-Website, Portfolio oder soziales Netzwerk sehe ich riesige Verluste, wenn diese gelöscht werden. Für uns ist es heute eine einfache Überarbeitung der Website, da man die alte nicht mehr für zeitgemäß oder schön hält. Für die Zukunft bedeutet das ein fehlendes Teil Geschichte. Wenn man bedenkt, dass für die heutige historische Forschung jede Banalität wie z. B. Essbesteck von großer Bedeutung ist, um frühere Zustände zu rekonstruieren, ist dieser Gedanke nicht zu unterschätzen und meiner Meinung nach sogar extrem wichtig.

Abschließend möchte ich noch auf die Bibliothek Europeana zu sprechen kommen, die mir bereits bekannt war und von Stalder kurz angerissen wird. Er führt aus, dass in dem Archiv Schätzungen zu Folge vierzig Millionen Objekte vorhanden sind und insgesamt in den »europäischen Archiven und Museen mehr als 220 Millionen natur- und 260 kulturgeschichtliche Objekte«3 lagern. Zum einen hält er es für problematisch, dass es »schwer festzustellen ist, ob ein bestimmtes Werk, eine entscheidende Referenz fehlen, wenn an seiner oder ihrer Stelle eine Fülle anderer gefunden wird«4. Zum anderen merkt er an, dass sich einzelne Objekte aus ihrer übergeordneten Narration lösen, die das Museum oder Archiv hergestellt haben. Dadurch werden sie zum einen bedeutungsoffener und zudem besteht der einzige Zusammenhang zwischen Suchanfrage und die durch Suchalgorithmen gefundenen Ergebnisse.5
Ersteres hinterfragt die Vollständigkeit. Wird es gelingen alle Objekte digital zugänglich zu machen? Meine persönliche Meinung: Ja. Aus meiner Sicht ist es nur eine Frage der Zeit. Für Probleme, die es in diesem Zusammenhang gibt, z. B. rechtliche Hürden, wird es langfristig eine Lösung geben. Zudem sollte es ein Anliegen aller sein, kulturelle Objekte für alle zugänglich sowie konservierbar zu machen.
Dass sich die Objekte aus ihrer Narration lösen, halte ich für ein viel größeres Problem. Sicherlich kann man einzelne, nicht-virtuelle Gegebenheiten ins Digitale bringen, doch eine komplette Übertragung halte ich für fast unmöglich. So kann man beispielsweise bestimmten Werke auch im Digitalen ihren Platz in bestimmten Sammlungen geben, bei der Übertragung von Orten bin ich jedoch sehr kritisch. Ob ein Werk im Guggenheim-Museum in Bilbao oder im Pariser Louvre steht, macht manchmal durchaus einen Unterschied. Das einfach nur zu wissen, reicht aus meiner Sicht nicht aus. Daher wird es an dieser äußerst Stelle wichtig werden, nicht nur eine einfache Digitalisierung zu vollziehen, sondern eine tatsächliche Transformation. Die Orte Museum und Archiv müssen komplett neu gedacht werden.

Insgesamt hat mich Stalders Buch nicht begeistert, da es mir trotz vorgestellter Struktur teilweise als lose Sammlung sämtlicher digitaler Themen vorkam. Dennoch konnte ich zum einen Antworten auf Fragen finden und zum anderen hat es mich in vielerlei Hinsicht zu neuen Fragen inspiriert. Allein dafür hat sich das Buch zur Recherche definitiv gelohnt.

Quellen
  1. Stalder, Felix: »Kultur der Digitalität«, Berlin 2016, S. 147.
  2. Vgl. Ebd.
  3. Ebd., S. 107.
  4. Ebd., S. 112.
  5. Vgl. Ebd., Berlin 2016, S. 115.

Mit Hilfe von McLuhans Tetrade neue Trends entdecken

Mit der Tetrade entwickelt Marshall McLuhan ein Werkzeug, mit dem zum einen die Effekte von Medien auf die Gesellschaft dargestellt werden können. Zum anderen bringt die Tetrade die Möglichkeit mit sich, neue Trends zu erkennen. Mit ihrer Hilfe »lässt sich verstehen, daß jede Technologie, wenn vollständig entwickelt und in allen Bereichen eingesetzt, umschlägt und ihrer eigentlichen Intention entgegenwirkt.«

Mit der Tetrade entwickelt Marshall McLuhan ein Werkzeug, mit dem zum einen die Effekte von Medien auf die Gesellschaft dargestellt werden können. Zum anderen bringt die Tetrade die Möglichkeit mit sich, neue Trends zu erkennen. Mit ihrer Hilfe »lässt sich verstehen, daß jede Technologie, wenn vollständig entwickelt und in allen Bereichen eingesetzt, umschlägt und ihrer eigentlichen Intention entgegenwirkt.« Des Weiteren beschreibt McLuhan, dass eine vollständige Untersuchung nur mit gleichzeitiger Darstellung von Grund und Figur geschehen kann. Innerhalb der Tetrade werden beide erkennbar.1

Sie setzt sich aus vier verschiedenen Bereichen zusammen, jeweils zwei stellen die Qualitäten von Figur (links) und Grund (rechts) dar. Das für mich verständlichste Beispiel, war McLuhans Tetrade zum Automobil, die er in Global Village vorstellt.2

Die Tetrade nach Marshall McLuhan
Die Tetrade nach Marshall McLuhanI

Die Tetrade des Automobils

Das Automobil verstärkt und erweitert demnach die Fähigkeit, Entfernungen schneller überwinden zu können sowie »bis zu einer technisch bedingten Grenze Frachten zu transportieren«.
Gleichermaßen lässt es jedoch Formen gesellschaftlicher Organisationen veralten, die »ihre Wurzeln in der Tradition des Laufens und Reitens hatten«. Nachbarschaften brachen zusammen, die Menschlichkeit innerhalb von Städten »fiel ihrem Aufbau zum Opfer«, Zentren waren wie leer gefegt und der wegsanierte Lebensraum entstand in den Vorstädten.
Des Weiteren sorgt das Automobil für eine Wiedergewinnung (»zurücknehmend« in der Grafik) privater Identität und des Unabhängigkeitsgefühls.
In seiner Umkehrung wird die Technologie bis ins Extreme getrieben und richtet sich gegen den Menschen: Die Städte sind voller Staus und Abgase, mit der Folge, dass zum einen beispielsweise die Entwicklung elektrischer Mini-Autos beginnt (oben erwähnter, vorhersehbarer Trend). Zum anderen eine Wiedergewinnung im zweiten Artefakt stattfindet: Die körperliche und natürliche Aktivität der Menschen wird in der Form von Spazieren, Joggen oder Radfahren erneut gefördert.3

Dieses Werkzeug halte ich für uns Kommunikationsdesigner für besonders spannend, da es eine gute Unterstützung in der Generierung von Innovationen sein kann. Was passiert, wenn Technologien wie Smartphones oder Drohnen ins Extreme getrieben werden? Wo findet eine Wiedergewinnung statt und wann kehren sich diese gegen uns? Zeitnah möchte ich gerne verschiedene Technologien mit der Tetrade untersuchen. Das könnte zum einen sehr spannend und zum anderen sehr hilfreich sein, falls ich in meinem Masterthema beispielsweise eine Dystopie entwickeln möchte.

Quellen
  1. Vgl. McLuhan, Marshall; Powers, Bruce; Leonhardt, Claus-Peter: »The global village: der Weg der Mediengesellschaft in das 21. Jahrhundert«, Paderborn 1995, S. 15.
  2. Vgl. Ebd., S. 34.
  3. Vgl. Ebd.
Abbildungen
  1. Rittervomnie Merosonox (Eigene Arbeit), »Tetrade nach McLuhan zu Wirkung der Medien«, Stand: 7.9.2011, via Wikimedia Commons, abgerufen am 3.3.2016, Lizenz: CC BY-SA 3.0 oder GFDL.

Die Dynamik der Medien richtig nutzen

In »Medien verstehen – Der McLuhan-Reader«, herausgegeben von Martin Baltes, Fritz Böhler, Rainer Höltschl und Jürgen Reuß, findet man Marshall McLuhans Untersuchung »Die mechanische Braut: Volkskultur der industriellen Menschen«. Hier beschreibt er, wie sich ihm fortwährend Edgar Allan Poes »Sturz in den Malstrom« ins Bewusstsein drängt.

In »Medien verstehen – Der McLuhan-Reader«, herausgegeben von Martin Baltes, Fritz Böhler, Rainer Höltschl und Jürgen Reuß, findet man Marshall McLuhans Untersuchung »Die mechanische Braut: Volkskultur der industriellen Menschen«. Hier beschreibt er, wie sich ihm fortwährend Edgar Allan Poes »Sturz in den Malstrom« ins Bewusstsein drängt. Die Hauptessenz ist dabei, nicht »gegen die beachtlichen Strömungs- und Druckkräfte anzukämpfen, die sich durch die mechanischen Einwirkungen von Presse, Radio, Kino und Werbung um uns herum aufgebaut haben«, sondern ihre Abläufe genau zu studieren und deren Dynamik zu nutzen.1 Diese Essenz halte ich vor allem für uns Kommunikationsdesigner – als Vermittler von Informationen – für sehr essentiell.

Während der letzten Jahre macht sich eine Angst vor den digitalen Medien, sowie Unwissenheit und Unsicherheit breit. Dystopien sagen uns unsere »schwarze Zukunft« mit ganzheitlicher Überwachung, Transparenz und Kontrolle voraus. Ein Beispiel hierfür ist z. B. der Roman »Der Circle« von Dave Eggers (Der unvollkommene Kreis »). Doch während wir uns heutzutage noch vermeintlich schützen können, indem wir offline gehen oder uns mit einem alten Nokia 3210 zufrieden geben, wird es in der nahen Zukunft kaum mehr Möglichkeiten geben, uns aus der medialen Welt zurückzuziehen.
Man könnte sich sämtlichen Innovationen verschließen, jedoch wird es zum einen immer häufiger erzwungene Berührungspunkte mit der Technologie geben. Zum anderen bleibt man auf der Strecke, wenn man sich stets dem Neuen verweigert.

Umso wichtiger ist es, einen angemessenen Umgang mit diesem medialen Wandel zu finden. Hierfür halte ich McLuhans Überlegung, den medialen Strom zu nutzen, für sehr wichtig. Anstatt ständig gegen ihn anzukämpfen, sollten wir den Strom dafür nutzen, Lösungen zu finden und zu verbreiten, die uns den Umgang entweder erleichtern oder überhaupt erlernen lassen. An dieser Stelle halte ich auch das Stichwort Medienkompetenz, die ich schon an anderer Stelle hinterfragt habe (Der digitale Wahn – Zwischen Medienkompetenz und Chaoskopf »), für wichtig. Die Kompetenz mit Medien umgehen zu können wird immer wichtiger, fällt jedoch nachfolgenden Generationen, die schon in der Infosphäre aufwachsen, sicherlich von Grund auf leichter.

Quellen
  1. Baltes, Martin; Böhler, Fritz; Höltschl Rainer; Reuß Jürgen (Alle Hg.): »Medien verstehen – Der McLuhan-Reader«, Mannheim 1997, S. 29.

Zwischen narrativem Wissen und additiven Informationen

Byung-Chul Han beschäftigt sich in seinem Buch »Die Errettung des Schönen« erneut mit der Frage nach der Zeitlichkeit und seiner narrativen Strukturen gegenüber punktueller Abfolgen von Ereignissen. Für ihn sind Informationen eine reine Addition, die nichts erzählen und die Narration verdrängen. Wissen besitzt dagegen eine Innerlichkeit und verbindet durch eine andere Zeitstruktur die Vergangenheit mit der Zukunft.

Byung-Chul Han beschäftigt sich in seinem Buch »Die Errettung des Schönen« erneut mit der Frage nach der Zeitlichkeit und seiner narrativen Strukturen gegenüber punktueller Abfolgen von Ereignissen.
Für ihn sind Informationen eine reine Addition, die nichts erzählen und die Narration verdrängen.1 Wissen besitzt dagegen eine Innerlichkeit und verbindet durch eine andere Zeitstruktur die Vergangenheit mit der Zukunft.2 Informationen weisen jede Metapher von sich, sind transparent und sprechen geradeaus, während sich das Wissen geheimnisvoll zurückziehen kann.3 Des Weiteren lassen sich laut ihm zwar Informationen aus dem »Daten-Haufen« herausfiltern, »sie generieren jedoch weder Erkenntnis noch Wahrheit.«4 Zusätzlich wohnt der Wahrheit »eine Vertikalität inne. Daten und Informationen bewohnen dagegen das Horizontale.«5

Narration trotz Informationen

In meinem Beitrag »Das globale Dorf – Raum, Zeit und Dynamik« beschreibe ich meine Überlegungen, eine Narration zu erstellen, die letztendlich durch Daten – und damit Informationen – dynamisch veränderbar ist. An dieser Stelle komme ich in den Zwiespalt, ob das tatsächlich eine Erzählung sein kann, der die grundlegende Eigenschaft von Dauer innewohnen kann, über die Han auch schon in anderen Büchern schreibt. Aus meiner Sicht könnte es dem Anspruch einer Narration gerecht werden, wenn die eigentliche Erzählung von Menschenhand – damit durch Wissen und nicht durch reine Information – entwickelt ist und lediglich die Bildwelt mit genau festgelegten Kriterien durch Information erschaffen wird. Generell müsste man diesem Ansatz jedoch als Experiment sehen, da es durchaus sein kann, dass die Bildwelt trotz exakter Kriterien eher additiv und zufällig entsteht und die eigentliche Erzählung nicht transportiert wird. Andererseits wäre hier Raum für unvorhersehbare Zufälligkeiten, die ihr einen neuen Reiz zusprechen könnte.

Mit Loops zum Moment der Dauer

Han führt zudem aus, dass kinematographische Bilder im Gegensatz zu Photogrammen aufgrund ihrer Zeitlichkeit kein punctum besitzen. »Die Sprache des punctum ist ein Traumprotokoll der Imagination« und man kann die Augen nicht schließen, weil beim Öffnen ein anderes Bild zu sehen ist. Man ist zu ständiger Gefräßigkeit gezwungen und vor allem die Nachdenklichkeit würde hier auf der Strecke bleiben.6 Hier stelle ich mir die Frage, ob meine Idee, Erzählungen mit Loops zu schaffen (Von Loops und der Hyper-Realität »), dieses Problem lösen kann. Man hätte immer wieder auf ein Neues Zeit, in sich zu gehen und die Loops auf sich wirken zu lassen. Zusätzlich gäbe es keinen konkreten Anfang und kein konkretes Ende, was grundsätzlich einen Moment der Dauer hervorrufen könnte. Mit dieser Fragestellung möchte ich mich weiterhin beschäftigen, da ich momentan davon überzeugt bin, dass es eine Lösung geben könnte, die beide Welten von Information und Wissen vereint.

Quellen
  1. Vgl. Han, Byung-Chul: »Die Errettung des Schönen«, Frankfurt am Main 2015, 3. Auflage, S. 90.
  2. Vgl. Ebd., S. 19.
  3. Vgl. Ebd., S. 42.
  4. Ebd., S. 71.
  5. Ebd.
  6. Vgl. Ebd., S. 49.

Das globale Dorf – Raum, Zeit und Dynamik

Marshall McLuhan beschreibt in seinem Buch »Global Village«, dass das elektrische Zeitalter ein neues Kommunikationsmodell benötigt. Durch dieses Zeitalter, dass die »Gutenberg-Galaxis« ablöst, lösen sich Raum und Zeit auf, da Informationen unabhängig von Raum und Zeit transportiert werden können.

Marshall McLuhan beschreibt in seinem Buch »Global Village«, dass das elektrische Zeitalter ein neues Kommunikationsmodell benötigt.1 Durch dieses Zeitalter, dass die »Gutenberg-Galaxis« ablöst, lösen sich Raum und Zeit auf, da Informationen unabhängig von Raum und Zeit transportiert werden können. Ein mehrfach erwähntes Beispiel ist dabei eine Anekdote eines Apollo-Astronauten. Als es die ersten TV-Übertragungen von Raumfahrten gab, war der Mensch gleichzeitig auf der Erde als auch im Weltall, Raum und Zeit lösten sich damit auf und das globale Dorf entsteht.2

Die unterschiedliche Nutzung der linken und rechten Gehirnhälfte

Während die Bevölkerung im orientalischen und asiatischen Raum sehr von der rechten Hemisphäre des Gehirns geprägt ist, erhält die linke Hemisphäre in der westlichen Welt den Vorzug.3 Die linke Hirnhälfte arbeitet sehr sequentiell und kausal. Alle Geschehnisse werden eingeordnet, Fähigkeiten wie das Lesen oder Schreiben sind hier beheimatet. Die rechte dagegen besitzt qualitative Fähigkeiten oder auch beispielsweise musikalische und akustische.4 Während die orientalischen Fähigkeiten darin liegen, dass das Leben »mit allen Sinnen gleich erfasst und im Gleichgewicht keine ordnenden Schwerpunkte kennt«, ist die abendländische Denkweise an eine unbewegliche Sicht mit dem Bedürfnis nach Hierarchien gekettet.5 Sie ordnet Informationen strukturell in den visuellen Raum ein, in dem die Dinge in zeitlicher Folge miteinander verbunden sind. Beispiele sind hierfür Gemälde oder die Fotografie.6 Auf der anderen Seite werden in der rechten Hemisphähre des Hirns Geschehnisse und Prozesse in gleichzeitige Beziehung gesetzt. Überall befinden sich – ohne Abgrenzung – Zentren und Fokusse, was unserer heutigen Informationswelt an Komplexität sehr nahe kommt. Ein Beispiel hierfür ist die auditive Welt, wie z. B. die Klangwelt einer Symphonie.7
In seiner Theorie vom Wechselspiel von Grund und Figur bringt er ein, dass orientalische Kulturen den Grund sehen, während die westliche Welt sehr stark an den Figuren orientiert ist.8 Da alle elektronischen Medien jedoch die rechte Hirnhälfte betonen9, wird zukünftig zunehmend ein neues Kommunikationsmodell und eine Orientierung an der rechten Hälfte wichtig werden.

Die Linearität des Buchdrucks, die unser westliches Denken stark beeinflusst, wird dadurch abgelöst, dass elektromagnetische Wellen einen Raum der Gleichzeitigkeit entstehen lassen, in dem die Informationen, die sich mit Lichtgeschwindigkeit bewegen, nicht linear-sequentiell, sondern gleichzeitig auf uns einprasseln.10 Entscheidend ist, dass nicht die Inhalte, sondern das Medium selbst unser Denken prägt und formt. So wird unsere Denkweise stark durch das Buch – mit seiner linearen und sequentiellen Form – beeinflusst. Eine emotional reduzierte Form und Vereinheitlichung der Sprache entsteht durch die Schrift.

Zurück zu dynamischen Erzählungen

Neben der Gleichzeitigkeit und Auflösung des Raums, spielt in der heutigen Gesellschaft vor allem die Dynamik eine große Rolle. Schon im November habe ich mich dem Wechselspiel von Statik und Dynamik auseinandergesetzt (Von der Kultur, die statisch wurde »). Diesen Ansatz wollte ich nun mit den Theorien von McLuhan weiterverfolgen. Meine damalige Überlegung war, dass erst durch die Schrift Erzählungen festgeschrieben wurden. Zuvor waren sie dynamisch und wurden – wie man es auch heute bei mündlichen Erzählungen kennt – verändert überliefert. Jede Besonderheit der Sprache sowie die Emotionalität des Erzählers wurden ausgemerzt, da für jeden ersichtlich Wort für Wort gleichermaßen niedergeschrieben war. Eine festgeschriebene Erzählung in einem Buch ist in Köln dieselbe wie in Stuttgart. Dort dieselbe wie in Berlin.
Zwar hat das natürlich – geschichtlich gesehen – den Vorteil, dass Überlieferungen richtig und nachvollziehbar sind. Dennoch verlieren sie aus meiner Sicht an auratischer Ausstrahlung, was wohl kein essentieller, aber auch nicht unwichtiger Faktor ist.

Des Weiteren wurde ich auf das Buch aufmerksam, da ich davon überzeugt bin, dass es eine Rückbesinnung auf eine natürliche Art der Erzählung gibt (Rückbesinnung auf eine natürliche Art der Erzählung »). Erzählungen werden wieder dynamisch und beeinflussbar durch user-generated content oder interaktive Abhandlungen. Interaktive Geschichten oder Spiele führen dazu, dass unterschiedliche Erzählstränge gewählt werden können, die den Inhalt für jeden Betrachter anders darstellen. Zwar sind die Stränge an sich nach wie vor linear, dennoch ist eine Auflösung der bisher eindeutig linearen Stränge ersichtlich. Momentan denke ich darüber nach, wie sich Geschichten vollständig verändern lassen, indem es z. B. eine ständige, automatische Veränderung und Erneuerung der Bildwelt geben könnte, die nach einer Grundauswahl zufällig ist oder sogar ohne Grundauswahl mit Daten aus dem Netz funktionieren könnte. Diese Überlegung halte ich nur mit einer Daten-Anknüpfung an das World Wide Web für umsetzbar, da ich ein System, das z. B. auf eine Vorauswahl auf dem Computer zurückgreift, nicht für dynamisch und umfassend genug halte.

Im Weiteren werde ich diese Gedanken vertiefen und mich über weiteres Recherchematerial informieren. Der Zusammenhang aus McLuhans Theorien, der Entwicklung der Gesellschaft in Bezug auf Medien sowie der Erzählungen an sich, ist für mich momentan ein schwer verständliches, aber gleichzeitig äußerst spannendes Themenfeld.

Quellen
  1. Vgl. McLuhan, Marshall; Powers, Bruce; Leonhardt, Claus-Peter: »The global village: der Weg der Mediengesellschaft in das 21. Jahrhundert«, Paderborn 1995, S. 25.
  2. Vgl. Ebd., S. 12.
  3. Vgl. Ebd., S. 17.
  4. Vgl. Ebd., S. 77.
  5. Ebd., S. 87.
  6. Vgl. Ebd., S. 31.
  7. Vgl. Ebd.
  8. Vgl. Ebd., S. 87.
  9. Vgl. Ebd., S. 95.
  10. Vgl. Ebd., S. 25.

Erkenntnisse und Eindrücke: Luciano Floridis Buch »Die 4. Revolution«

In einem Vortrag mit Sabrina Calvagna und Vernice Collet stellten wir im Kurs »Digitale Welt und neuer Realismus« von Prof. Dr. Stefan Asmus im WS 2015/2016 unsere Erkenntnisse des Buchs »Die 4. Revolution« von Luciano Floridi vor. Im folgenden sammele ich meine persönlichen Eindrücke, welche auh für meine Master-Arbeit von Bedeutung sind.

Luciano Floridi wagt einen Versuch erste Ansätze für eine neue Informationsphilosophie zu entwickeln, um dem rasanten Wandel, dem unsere Zeit unterliegt, gerecht zu werden. Neben den Inhalten selbst, halte ich den Gedanken, den richtigen Umgang mit diesen Veränderungen zu finden, für besonders wichtig.1 Während der letzten Jahre häuft sich die Kritik an den Informations- und Kommunikationstechnologien und nicht selten sagen uns Dystopien unsere »schwarze Zukunft« voraus – Angst, Unwissenheit und Unsicherheit als wahrscheinlichster Auslöser. Doch während wir uns heutzutage noch vor sämtlichen »Ängsten« (z. B. Datenschutz, Überwachung, …) vermeintlich schützen können, indem wir offline gehen oder uns mit einem alten Nokia 3210 zufrieden geben, bleibt diese Möglichkeit zukünftig wohl aus. Zwar könnte man sich sämtlichem Neuen verschließen, was aus meiner Sicht zum einen nicht absolut möglich sein wird, da es immer – erzwungene – Berührungspunkte mit der neuen Technologie geben wird. Zum anderen bleibt man langfristig – traurigerweise – auf der Strecke, wenn man sich stets dem Neuen verweigert.

Dynamik der Strömung nutzen

Wichtiger wäre es, einen angemessenen Umgang mit diesem Wandel zu finden, anstatt sich vor ihm zu verschließen.
Als eine wichtige Verbindung und einen wichtigen Anstoß halte ich hier auch McLuhans Essay »Die mechanische Braut«, in dem er beschreibt, wie sich ihm fortwährend Edgar Allan Poes »Sturz in den Malstrom« ins Bewusstsein drängt. Die Hauptessenz ist dabei, nicht »gegen die beachtlichen Strömungs- und Druckkräfte anzukämpfen, die sich durch die mechanischen Einwirkungen von Presse, Radio, Kino und Werbung um uns herum aufgebaut haben«, sondern ihre Abläufe genau zu studieren und deren Dynamik zu nutzen2. Genau diese Aufgabe wird sich auch uns als Kommunikationsdesigner – als Vermittler von Informationen – zunehmend aufdrängen.

Die virtuelle Wirklichkeit

Für eine weitere interessante Ansicht Floridis, halte ich sein Verständnis von Wirklichkeit. Er beschreibt wie Virtuelles und Nicht-Virtuelles zunehmend verschwimmen und es kein »außerhalb« und »innerhalb« der Infosphäre mehr geben wird.3 Laut ihm wird es eine informationelle Auffassung von Wirklichkeit geben. Das heißt, alle Existenz- und Verhaltensformen sind authentisch und echt, unabhängig davon, ob es künstliche, hybride, synthetische, … Formen sind.4
Dafür spricht für ihn, dass auch das vermeintlich »Echte« von Menschenhand geschaffen ist und es schwierig bis unmöglich ist, etwas völlig unangetastetes, ursprüngliches auf der Erde zu finden. Zum anderen wird beispielsweise unser soziales Selbst durch Soziale Medien geformt und unsere Identität beeinflusst.5 Das scheinbar »Unechte« beeinflusst unsere Wirklichkeit, was die Frage nach einem Wirklichkeitsanspruch aus meiner Sicht absolut beantworten kann.

Bedeutung für meine Arbeit

Diese Auffassung halte ich vor allem mit Blick auf mein Master-Thema für sehr spannend. Innerhalb dessen, befasse ich mich mit interaktivem bzw. auch transmedialem Storytelling, sowie der Grenze zwischen Wirklichkeit und Fiktion. Da das Wirkliche und Virtuelle zunehmend verschwimmen, wird meinem Empfinden nach, auch die Grenze zwischen Wirklichkeit und Fiktion immer schwieriger zu erkennen sein. Zwar ist das nicht prinzipiell von Vorteil und es sollte zukünftig noch mehr Wert auf Medienkompetenz gelegt werden, um die Fähigkeit, diese Unterschiede zu erkennen, auszubilden. Dennoch sehe ich es als große Chance für Gestalter, Filmemacher, Konzepter oder ähnliche, mit dieser Grenze zu spielen und sie bewusst zu überschreiten oder unsichtbar zu machen. Dass Schnittstellen, wie es Floridi erwähnt, immer transparenter werden, kann an dieser Stelle zusätzlich an Bedeutung gewinnen.

Resümierend halte ich nicht jedes Thema, das Floridi innerhalb des Buchs behandelt, für mich und meine Themenwahl äußerst spannend. Das kann jedoch an seiner sehr allumfassenden Auswahl liegen. Umso wichtiger und treffender finde ich seine Ansätze, in den Bereichen, die für mich von Interesse sind. Dass er diese Ansätze auch für einen Laien gut und verständlich artikuliert und Bezüge zur Vergangenheit und unserer generellen Einordnung auf der Zeitachse herstellt, finde ich besonders wichtig, um seiner Argumentation folgen zu können. Er gibt einen großen Einblick in mögliche, relevante Themen der zukünftigen Informationsphilosophie, die sicher erst am Anfang der Entwicklung steht und noch große Aufgaben für uns bereit hält.

Quellen
  1. Vgl. Floridi, Luciano: »Die 4. Revolution – Wie die Infosphäre unser Leben verändert«, Berlin 2015, S. 9.
  2. Baltes, Martin; Böhler, Fritz; Höltschl, Rainer; Reuß, Jürgen (Alle Hg.): »Medien verstehen – Der McLuhan-Reader«, Mannheim 1997, S. 29.
  3. Vgl. Floridi, Luciano: »Die 4. Revolution – Wie die Infosphäre unser Leben verändert«, Berlin 2015, S. 329.
  4. Vgl. Ebd., S. 285 f.
  5. Vgl. Ebd., S. 92.

Die 4. Revolution

Luciano Floridi beschreibt in seinem Buch »Die 4. Revolution« die 4. Kränkung der Menschheit. Können wir uns anderen Aufgaben widmen, um auf eine höher Entwicklungsstufe zu gelangen?

Im Buch »Die 4. Revolution« beschreibt der Informationsphilosoph Luciano Floridi, dass die Informationsrevolution, die durch Alan Turing verursacht wurde, die 4. Kränkung der Menschheit ist.

Vorangegangen sind dieser die Kopernikanische, Darwinsche und Freudsche Kränkung. Durch Kopernikus wird klar, dass die Erde nicht der Mittelpunkt der Welt ist, sondern dass wir in einem heliozentrischen Kosmos leben. Darwin beweist mit seiner Evolutionstheorie, dass der Mensch kein Übergeschöpf ist, sondern lediglich eine Weiterentwicklung des Tiers, was die 2. Kränkung der Menschheit bedeutet. Der Mensch wird dabei zunehmend aus seiner zentralen Rolle verdrängt. Während man nun dachte, dass man zumindest sich selbst transparent ist, entdeckt Freud (auch folgend von der neuronalen Forschung) das Unterbewusstsein. Hier wird deutlich, dass wir uns nicht einmal selbst vollständig unter Kontrolle haben, sondern viele Dinge unterbewusst ablaufen. Was für uns heutzutage normal ist und mitnichten einer Kränkung gleich kommt, war für die Menschen ein revolutionärer Schlag. Dem würde wohl gleichkommen, wenn wir nun weiteres intelligentes Leben im Universum finden würden und dann auch noch feststellen müssten, dass wir nicht die einzigen Wesen sind, die so hoch entwickelt sind. Während die ersten drei Revolutionen allgemein anerkannt sind, gibt es für die vierte Revolution noch keine einheitliche Ansicht. Floridi beschreibt sie jedoch als Informationsrevolution, in der nun auch die Maschine dem Menschen, vor allem in der logischen Informationsverarbeitung, weit voraus ist. Die Maschine rechnet nicht nur schneller, sondern erledigt selbst große und komplizierte Rechenoperationen mit ziemlicher Sicherheit korrekt.

Für mich ist das deshalb interessant, weil das bedeutet, dass dieser Umbruch einen gesellschaftlichen Wandel in eine unbestimmte Richtung mit sich bringt. Zwar ist die Tatsache, dass Maschinen schneller als Menschen rechnen, im Jahr 2015 keine große Sache mehr und führt auch nicht zu der großen Kränkung schlechthin. Dennoch bemerkt man, dass der Mensch in Konkurrenz mit der Maschine tritt. Das betrifft vor allem Bereiche, die wir Menschen den Maschinen weder zutrauen noch überlassen wollen. Dazu gehören z. B. Entscheidungen treffen oder ihnen »subjektive« Bewertungen nach ästhetischen Gesichtspunkten zu überlassen. Zwar ist es aus meiner Sicht noch unvorstellbar, jedoch halte ich es nicht für ausgeschlossen, dass diese Fähigkeiten, die üblicherweise dem Menschen zugerechnet werden, immer ausgefeilteren Algorithmen übergeben werden. Zwar kann sich der Algorithmus nicht von selbst verändern, sondern ist im Ursprung immer menschgemacht, dennoch halte ich es für möglich, dass dieser irgendwann so ausgefeilt ist, dass zumindest eine sehr glaubwürdige Imitation von echten Menschen durch KI‘s möglich ist.

Insgesamt bedeutet das, dass wir unsere Aufgaben und unsere Position weiter überdenken müssen. Es bleibt essentiell, die Fähigkeiten, die ein Computer tatsächlich besser kann, auszulagern und unser Bewusstsein für andere Dinge zu schärfen. Hierzu zählen möglicherweise vor allem die musischen Bereiche, die wir dem Computer nicht zutrauen. Überlassen wir dem Computer logische Aufgaben vollständig oder zumindest unter Beobachtung, könnte die Menschheit an anderen Aufgaben wachsen und unter Umständen sogar auf eine ganz neue Entwicklungsstufe gelangen.

Quellen
  1. Vgl. Floridi, Luciano: »Die 4. Revolution – Wie die Infosphäre unser Leben verändert«, Berlin 2015, S. 122 f.
  2. Vgl. Ebd.

Von der Kultur, die statisch wurde

Mit dem Buchdruck wurde die Kultur laut Sabria David statisch. Digitale Medien führen zu einer Verflüssigung der Gesellschaft. Welche Erkenntnis kann aus ihrem Essay im Magazin »New Forum« für das Erzählen gezogen werden? Welchen generellen Schluss kann man daraus für das Erzählen der Zukunft ziehen?

»New Forum« ist ein Magazin des NRW-Forum Düsseldorfs, das erstmals zur Ausstellung »Ego Update«, die vom 19.9.2015–17.1.2016 stattfindet, erscheint. Sabria David beschreibt dabei in ihrem Essay »ALLES FLIESST – Konstanten einer liquiden Gesellschaft« wie »Digitale Medien […] derzeit die Dinge in Bewegung bringen«1.

Erzählungen gibt es im Grunde schon immer. Während sie vor der Erfindung der Schrift einen dynamischen Prozess einer gewissen Veränderbarkeit durchliefen, wurde unsere Kultur – so Sabria David –durch den Buchdruck »statisch« und vor allem »zeit- und ortsunabhängig«. Zuvor war sie noch »offen« und »beweglich« und »hatte flexible Strukturen«.2
Des Weiteren erläutert sie, dass Wissen, das nicht von »Generation zu Generation weiterzählt« wird ausstirbt, da es nicht »materialisiert« ist.3

Hier sehe ich eine Parallele zur heutigen Zeit und dem darin vorherrschenden digitalen Gedächtnisverlust. Der Informationsphilosoph Luciano Floridi erläutert dies genauer in seinem Buch »Die 4. Revolution«. So kann dieser Gedächtnisverlust zum einen dadurch zu Stande kommen, dass alte Technologien nicht mehr nutzbar sind4 oder Daten von einer alten Technologie (z. B. Diskette) nicht in eine neue Technologie (z. B. CD) übernommen werden. Zusätzlich findet eine ständige Überspeicherung von z. B. Webseiten statt5, so dass Dokumente in einen Zustand der Geschichtslosigkeit geführt werden. Zum einen dadurch, dass Differenzen gelöscht werden, zum anderen, weil die Vergangenheit immer wieder neu geschrieben wird. Das digitale Gedächtnis scheint damit flüchtig wie die mündliche Kultur.6 Zwar ist Information nicht gleich Wissen, dennoch ist in diesen »Daten« aus meiner Sicht unheimlich viel Wissen verankert.

In Bezug auf Erzählungen ist meine Hauptessenz die, dass Geschichten nicht immer statisch waren. Das bedeutet für mich – wenn auch nicht als neue Erkenntnis –, dass im Gegensatz zu der »gehypten« non-linearen Erzählung, die lineare nicht die ursprüngliche Form der Erzählung war. Viel mehr sind es die angesprochenen dynamischen Prozesse der Veränderbarkeit, die wir auch aus eigenen Erzählungen kennen, da die Geschichte nicht immer gleich erzählt wird. Zwar ist in meinem Empfinden eine Alltagserzählung von Erzählungen zu unterscheiden, die von Autoren als Erzählung aufgebaut werden. Dennoch finde ich diesen Gedanken im Bezug auf heutige Erzählungen, in denen der Rezipient teilweise Teil der Geschichte wird, sehr spannend.
Den Bezug zu Floridi stelle ich deshalb her, da Sabria David beschreibt, dass sich die Gesellschaft gewissermaßen verflüssigt und der »Weg für eine Reorganisation frei« ist, »für die Herausbildung neuer, angemessener Strukturen und für neue Kulturtechniken«.7 Ich glaube, dass in dieser liquiden Gesellschaft nicht nur eine Reorganisation stattfindet, sondern, dass sich die Strukturen generell fortwährend flexibel ändern, Dinge sich verknüpfen, entknüpfen und neuverknüpfen. Im Bezug auf Floridi, zumindest im weitesten Sinne, könnte dies bedeuten, dass auch hier eine Art Geschichtslosigkeit, eine ständige Neuverknüpfung der Strukturen ohne ein Vorher und Nachher stattfinden kann. Das wäre auch ein interessanter Anhaltspunkt für das Erzählen von Geschichten, die sich ständig weiterentwickeln, neuverknüpfen und grundsätzlich kein Ende finden. Kein Haupt-, Mittel- und Schlussteil, keine Beschränkung auf bestimmte Medien, sondern ein wachsendes Patchwork. Eine sich immer fortwährend verändernde Erzählung. Eine neverending story. Dabei bleibt nur noch die Frage offen, ob hier nicht die Grundsätze der Erzählung in Frage gestellt werden.

Quellen
  1. David, Sabria: »ALLES FLIESST – Konstanten einer liquiden Gesellschaft« in: NEW FORUM »Alles, was das Internet schon immer über sie wissen wollte«, ein Magazin des NRW-Forum Düsseldorf, Düsseldorf 2015, S. 13.
  2. Ebd.
  3. Ebd
  4. Vgl. Floridi, Luciano: »Die 4. Revolution – Wie die Infosphäre unser Leben verändert«, Berlin 2015, S. 36.
  5. Vgl. Ebd., S. 38 ff.
  6. Vgl. Ebd., S. 37.
  7. David, Sabria: »ALLES FLIESST – Konstanten einer liquiden Gesellschaft« in NEW FORUM »Alles, was das Internet schon immer über sie wissen wollte«, ein Magazin des NRW-Forum Düsseldorf, Düsseldorf 2015, S. 13.